Edling – Axel Kaldenhoven steht in der Holzspielzeugproduktion bei Selecta in Edling und hält ein kleines, rundes Holzteilchen mit zwei Löchern in die Höhe: Was das wohl sei? Ein kleines Rädchen vielleicht, das künftige Gesicht eines Tieres? „Nein, es handelt sich um den Clip einer Schnullerkette, mit dem diese an der Kleidung festgemacht werden kann“, klärt der Chef von Schmidt Spiele auf, der an diesem Tag rund 700 Kilometer von Berlin aus nach Edling angereist ist. Denn der Traditionshersteller von Holzspielzeug, Selecta, wurde im Herbst 2017 vom Brettspiel-Spezialisten Schmidt übernommen (wir berichteten).
Enge Verbindung von Berlin nach Edling
Mehrmals war Kaldenhoven seitdem vor Ort; diesmal hat er Jörg Priemer mitgebracht, der in Berlin für Einkauf und Export sowie für den Selecta-Standort Edling zuständig ist. Beide ziehen eine positive Bilanz für die Zeit, in der Selecta nun schon zum bekannten Berliner Spiele-Verlag gehört. Beide halten das in Edling konzentrierte Ingenieurs-Fachwissen für unentbehrlich und pflegen engen Kontakt zu Selecta-Betriebsleiter Bernhard Bies.
Ein Fachwissen, das sich zum Beispiel in besagtem Schnullerketten-Clip niederschlägt: Steckt ihn ein kleines Kind aus Versehen etwas zu tief in den Mund und würde sich der Clip dort verklemmen, könnte es durch die Ventilationslöcher – die Bohrungen – weiter atmen und werde nicht gefährdet, erklärt Kaldenhoven.
Sicherheit und Nachhaltigkeit stehen bei der Herstellung von Baby- und Kleinkinderspielzeug an erster Stelle, was erahnen lässt, wie komplex der Planungs- und Fertigungsprozess in dem Edlinger Unternehmen abläuft.
„Alle Produkte werden vom TÜV zertifiziert und mit dem ,Toy Proof‘-Zertifikat versehen“, so Kaldenhoven. „Alle Lacke sind wasserlöslich, aber auch ,speichelecht‘. Sämtliche Teile werden auf Stabilität, Sicherheit und Farbechtheit überprüft.“ Für die fröhlich-bunten Schiebespielzeuge für Kinder bis drei Jahre seien bis zu 170 Arbeitsschritte notwendig, bis aus den eingekauften meterlangen Holzplanken das fertige Produkt entsteht. Schmidt Spiele ist mit dem Erwerb von Selecta nun da angekommen, wo das Unternehmen nach Aussage des Verlagschefs schon länger hin wollte: Da man selbst den Spielebereich für eine Kundschaft von vier bis 99 Jahren abdecke, nicht aber das Kleinkinder-Segment, hatten die Berliner schon lange vor der Übernahme eine Kooperation mit Selecta angestrebt.
Diese Gedanken habe man 2017 vertieft und sich zur Übernahme entschlossen: „Die Hochwertigkeit der Marke Selecta, die Ergänzung unseres Gesamtsortiments und das Potenzial der Produkte auf dem Markt haben uns überzeugt.“
Deshalb sei es auch von Anfang an unstrittig gewesen, den Standort Edling zu erhalten. Das Qualitätsmerkmal „Made in Germany“ habe man unbedingt erhalten und weiterhin auf das Fertigungs-Know-how unter der Leitung von Bernhard Bies, der seit dem Jahr 2000 im Unternehmen tätig ist, zugreifen wollen.
Es verstehe sich von selbst, ist man bei Schmidt Spiele überzeugt, dass man mit den Selecta-Holzspielzeugen preislich nicht mit Fernost-Erzeugnissen konkurrieren wolle.
Man stelle aber eine große Bereitschaft der Zielgruppen fest, Qualität, Wertigkeit, Farbgebung und Wiedererkennungswert zu honorieren. Die Marke Selecta sei in der Konsequenz hauptsächlich in Spielwarengeschäften mit Fachabteilungen und Kundenberatung zu finden.
Jörg Priemer kümmert sich von Berlin aus um die Belange von Selecta und stimmt einmal pro Monat in Edling mit Bernhard Bies Strategie und Tagesgeschäft ab. „Wir entwickeln neue Kinderwelten – etwa Bauernhof oder Feuerwehr, die untereinander kombiniert und bespielt werden können.“ Zum anderen baue man das Segment der Klassiker mit Schnullern, Buggyrasseln oder Greifringen weiterhin aus. Selecta in Edling ist seit der Übernahme durch Schmidt Spiele ein reiner Produktionsbetrieb. Sämtliche Verwaltungsarbeiten und auch der Vertrieb werden heute von Berlin aus gesteuert.
„Für uns bedeutet das eine enorme Erleichterung“, berichtet Betriebsleiter Bernhard Bies. „Vorher haben wir von Edling aus Kunden in aller Welt beliefert, jetzt liefern wir ausschließlich ins Zentrallager nach Berlin. So bleiben uns viele kleinteilige Arbeiten und natürlich auch Kosten erspart – und wir können uns ganz auf die Herstellung konzentrieren und dabei immer besser werden.“
Bies selbst kümmert sich um den Holzeinkauf von nachhaltig produzierenden Waldbetrieben bei Bamberg, um die Konzeption und Koordination der vielen Arbeitsschritte, die Einrichtung und Pflege des Maschinenparks und das Funktionieren des Gesamtablaufs.
Künftig mehr Aufträge aus Berlin
„Natürlich verwenden wir große Anstrengung darauf, dass hier zu vertretbaren Kosten produziert wird. Eine unserer wichtigsten Aufgaben besteht darin, gute Produktideen so in Arbeitsschritte zu zerlegen, dass ihre Fertigung in Serie rentabel bleibt“, resümiert Axel Kaldenhoven.
In der intelligenten Durchstrukturierung einer hochwertigen Produktionsstätte liege auch die Zukunft des Edlinger Werkes. „Wir glauben ganz unbedingt an den Standort Edling“, konstatiert der Berliner Verlagschef. Und es sei durchaus denkbar, dass man in Zukunft auch komplexere Holzteile für Spiele in Edling fertigen lasse. Schon jetzt gibt es Spiele wie „König Grummelbart“, die mit Holzspielsteinchen aus der Fertigung bei Selecta ausgestattet sind. „Denn wir wissen: Die können das!“, ist man in Berlin von den Edlingern überzeugt.