Wasserburg – Was haben Tatü-Tata und Tees gemeinsam? Warum ist ein „Bauchgfui“ so wichtig bei der Existenzgründung? Wie kann ein kleines Software-Unternehmen den Riesen Microsoft als Kunden gewinnen? Antworten auf diese Fragen lieferte die Verleihung des Meggle-Gründerpreises in Wasserburg.
Kennengelernt haben sie sich als Studenten an der TH Rosenheim. 2017 gründeten Maximilian Grassl, Anton Spöck und Tobias Jonas im Stellwerk 18 am Rosenheimer Bahnhof mutig ihr eigenes Software-Unternehmen. Am Freitagabend, 27. Oktober, krönte der Meggle-Gründerpreis, heuer unter dem Motto „gemeinsam Ideen voranbringen“, eine Unternehmenskarriere, die als kleines Startup begann und auf der großen Bühne im Wasserburger Rathaus einen weiteren Höhepunkt fand.
Durchwachte Nächte
und großer Ehrgeiz
Strahlend nahmen Grassl, Jonas und Spöck den Gründerpreis von Marina und Toni Meggle sowie Meggle-Geschäftsführer Matthias Oettel entgegen. Lohn für Mut, Ehrgeiz, Fleiß und Innovationswille. Moderator Alexander Mazza verriet, dass vor dem Erfolg viel Schweiß geflossen sei. Die Jungunternehmer hatten ihm von vielen durchwachten Nächten am PC berichtet. Von Tagen, an denen es zum Duschen ins benachbarte Fitness-Studio ging, weil keine Zeit war heimzufahren. Der erste Kunde der innFacotry war die Volksbank Rosenheim, heute gehören bekannte Namen wie Linde zum Stamm. Spöck berichtete vom bisher größten Erfolg: Microsoft Deutschland kaufte ein Software-Produkt aus Rosenheim. Mittlerweile wurde die Technische Hochschule Rosenheim, an der die drei ihr Studium absolvierten, vom Ausbilder zum „Lehrling“. IT-Professor Dr. Gerd Beneken veranstaltet im Unternehmen ein Industriesemester.
Viele aus der Branche erklärten den Jungunternehmern, als innFactory vor sechs Jahren durchstartete: Wenn sie soweit seien, sollten sie beim Meggle-Gründerpreis-Wettbewerb mitmachen. Dann hätten sie es geschafft. Und so kam es. Der Scheck mit dem Preisgeld von 25000 Euro für den Sieg ging an das Rosenheimer Unternehmen, das sich auf Cloud-Lösungen spezialisiert hat. Das Erfolgsgeheimnis laut Jury: innFactory denke sich tief in die Arbeit der Kunden hinein, entwickle alle essenziellen Programme selber und schaffe so individuelle Lösungen. Eines der bekanntesten ist eine per Handy steuerbare Straßenbeleuchtung, beliebt bei Stadtwerken und Kommunen. Während bei innFactory drei Männer auf der Bühne standen, waren es bei „TaTeeTaTa“ nur Frauen. Das von Sabine Paschen in Inzell gegründete Vertriebsunternehmen beschäftigt nur Mitarbeiterinnen, mittlerweile bereits 25. „Ganz ohne Zickereien“, wie die Vertreterinnen des Betriebs beim Festakt betonten. Aus einer Oster-Geschenkidee baute Gründerin Paschen ein eigenes Online-Geschäft mit Verkaufspräsenz auf Messen und Märkten auf. „TaTeeTaTa“ steckt im Firmennamen, weil ihre Tochter ein Feuerwehr- und Polizei-Fan ist. Als die ersten Tee-Lifestyle-Produkte entstanden, begleiteten die fröhlichen „Tatü-Tata“-Rufe der Tochter die Mama und Produktentwicklerin. Der Renner im Sortiment: ein Tee-Bär, der sich unter heißen Wasser auflöst und ein fruchtiges Getränk produziert, berichtete Paschen. Die liebevoll gestalteten Geschenkpackungen für den Einzelhandel, entwickelt vom Ehemann, einem Grafiker, werden laut Preisträgerin schon in sieben europäischen Länder verkauft. „Ich bin so unfassbar dankbar, dass aus meiner kleinen Idee so ein großer Erfolg wurde, dass er jetzt mit dem zweiten Platz beim Meggle-Gründerpreis belohnt wird“, sagte Paschen, die sichtlich mit Tränen vor Freude zu kämpfen hatte.
Emotional ging es auch bei der Gründung von „Bauchgfui“ zu, einem Restaurant in Berchtesgaden. Hier powert eine Familie: Mutter Susanne Kraus mit Ehemann Stefan und den Töchtern. 18 Jahre lang führte das Ehepaar eine Almhütte, hier entstand die Idee für ein Selbstbedienungslokal mit ausschließlich gesunden Produkten. Salate und Bowls. Das Gastro-Unternehmen hat sich auf den Mittagstisch sowie Kaffee und Kuchen spezialisiert. Stefan Kraus habe bereits für die Queen gekocht, berichtete Mazza. Viele Berg- und Wintersportler gehören zur Stammkundschaft von „Bauchgfui“ in Berchtesgaden, erläuterte seine Frau. Zum Mitnehmen wird das Essen auch in Mehrwegboxen ausgegeben. Das Preisgeld in Höhe von 10000 Euro wird laut Susanne Kraus in den weiteren Ausbau der Nachhaltigkeit verwendet und in das Wohlfühlambiente des Lokals gesteckt. Sie riet allen, die eine Unternehmensidee haben, sich ruhig auf ihr Bauchgefühl zu verlassen. Das haben auch die Töchter getan, als sie in den elterlichen Betrieb einstiegen. Erstaunlich gut funktioniere die Zusammenarbeit. „Natürlich kracht es auch mal“, aber der Zusammenhalt siegt, sagten die jungen Frauen.
Dass der Meggle-Gründerpreis einen Schub gibt, von dem die Gewinner noch lange durch eine gesteigerte Bekanntheit profitieren, bewiesen die Sieger von 2019. Rotmilan aus Frasdorf, Entwickler von innovativen Holzprodukten (2019: Platz drei), habe mittlerweile einen Laden am Rosenheimer Mittertor und einen Online-Shop aufgebaut sowie eine Firma zugekauft. Die Chiemgauer Genussmanufaktur aus Palling-Freutsmoos (zweiter Platz) hat die Produktion ihrer Kräuter und Gewürzmischungen weiter ausgebaut und neue Produkte wie ein „Boarisch Curry“ entwickelt, hieß es. Die Sieger 2019, die Oberhaizinger IDP GmbH aus Julbach, hat von acht auf 20 Mitarbeiter ausgebaut, den Umsatz von zwei auf fünf bis sieben Millionen Euro erhöht. Der Innenausbau-Spezialist hat unter anderem die deutsche Botschaft in Tel Aviv eingerichtet, berichtete das Unternehmen.
350 Gäste feierten
Start-ups und Bosbach
Die Preisträger von 2019 feierten mit jenen von 2023, außerdem mit 350 Gästen aus Wirtschaft, Politik und gesellschaftlichem Leben. Den größten Applaus gab es für die Gewinner, doch auch der Initiator des Gründerpreises, Toni Meggle, stand im Fokus. Er hat den Wettbewerb 2012, im Jahr des Jubiläums zum 125-jährigen Bestehen, ins Leben gerufen. Heuer wurde der Gründerpreis der Meggle Group zum neunten Mal verliehen. Der Preis ist insgesamt mit 50000 Euro ausgelobt. Eine unabhängige Jury entscheidet, das Bewerbermanagement steuerte Christine Völzow von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Meggle freute besonders, dass auch ein Ehrengast sprach, den er sehr schätze: Wolfgang Bosbach, Innen- und Wirtschaftspolitiker. „Mein Respekt Ihnen gegenüber ist grenzenlos“, so Meggle, der Bosbach als Politiker mit großer Authentizität und Liberalität würdigte (Siehe Bericht unten).