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Infineon hält Ausschau nach Übernahmekandidaten

von Redaktion

München – Ein Berg von einem Auto steht im Foyer des Internationalen Congress Center (ICM) in München. 650 PS, von 0 auf 100 in 4,4 Sekunden. Designt wurde das SUV in Bayern, gebaut in China. Angetrieben wird es von Infineon. Um genau zu sein, von 60 Infineon-Halbleitern, die im Elektroantrieb des NIO ES8 stecken. Das Auto, das es ab 2020 (für vergleichsweise günstige 65 000 Euro) auch in Deutschland zu kaufen geben soll, ist ein Sinnbild dafür, wie Infineon heute dasteht: ziemlich gut.

Solaranlagen, Smartphones, Roboter und natürlich Autos (ob elektrisch, autonom und ganz traditionell): In allen diesen Produkten stecken Halbleiter des Chipherstellers aus Neubiberg. Infineon ist auf Wachstumskurs – mittlerweile im vierten Jahr in Folge. Und in Zukunft soll das so bleiben, bekräftigt Infineon-Chef Reinhard Ploss am Donnerstag vor den Aktionären, die ins ICM zur Hauptversammlung gekommen sind. „Unsere Auftragsbücher sind prall gefüllt.“ Auch 2018 werde Infineon profitabel wachsen. Bei einem Euro-Dollar-Wechselkurs von 1,11 wie im vergangenen Jahr würde Infineon ein Wachstum von elf Prozent anstreben, ergänzt Finanzvorstand Dominik Asam. Würde Infineon in Dollar bilanzieren wie die meisten Wettbewerber, so läge das erwartete Umsatzwachstum sogar bei 16 Prozent.

„Die Dividende steigt (um 14 Prozent auf 25 Cent je Aktie), der Aktienkurs steigt, insgesamt sind wir zufrieden.“ Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hat wenig auszusetzen. „2017 war ein sehr, sehr gutes Jahr mit operativen Rekorden“, findet auch Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Doch bleibt das auch so? Insbesondere vor dem Hintergrund der Konsolidierungswelle in der Halbleiterbranche? Ist Infineon ein Übernahmekandidat? „Besteht die Gefahr, dass Infineon von einem Großen geschluckt wird?“, will Ingo Speich von Union Investment wissen.

Die Bayern, bei denen mittlerweile weltweit rund 38 000 Mitarbeiter beschäftigt sind, sehen sich weniger als Übernahmekandidat – viel mehr als Konsolidierer, der selbst Unternehmen übernimmt. „Wir sind kein kleiner Spieler“, betont Ploss. Infineon sei zwar kein Großhändler, der alles anbiete. „Aber wir sind stark in den Bereichen, auf die wir spezialisiert sind.“ Und man werde weiter wachsen – organisch und anorganisch. Dabei gelten weiterhin drei Voraussetzungen: Akquisitionen müssen finanziell realistisch sein, strategisch sinnvoll – und die Kulturen müssen zusammenpassen. „Schwerpunkte liegen in angestammten Bereichen, aber auch Zukunftsmärkte sind denkbar“, sagt Ploss. Interessante Übernahmeziele lägen derzeit vor allem in den USA.

Auf die Finger schauen wird dem Infineon-Chef künftig Wolfgang Eder (66). Der Vorstandschef der Voestalpine AG, ein stahlbasierter Technologie- und Industriegüterkonzern mit Sitz in Linz, soll nach einer Einarbeitungszeit den Aufsichtsrat von Infineon leiten. Denn: Ex-Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber (70) nahm am Donnerstag – wie angekündigt – seinen Hut. Übergangsweise (die Rede ist von ein bis zwei Jahren) wird der langjährige Aufsichtsrat Eckart Sünner den Vorsitz führen.

Eder, wie Mayrhuber Österreicher, musste im Vorfeld der Wahl eine Menge Kritik über sich ergehen lassen. „Für den Aufsichtsrat von Infineon sind Sie der falsche Mann, insbesondere für den Chefposten“, so etwa Ingo Speich. Für die Position fehle Eder die Expertise. Das Wahlergebnis (83 Prozent der Aktionäre votierten für den Einzug Eders in den Aufsichtsrat) zeigt allerdings: Am Ende wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. manuela dollinger

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