Webasto verliert Geld – und stellt sich neu auf

von Redaktion

VON MARTIN PREM

Stockdorf – Corona, der Ukraine-Krieg, gestörte Lieferketten: Es gibt weltweit viele Probleme, die Unternehmen derzeit zu schaffen machen. Der Autozulieferkonzern Webasto mit Zentrale in Stockdorf (Kreis Starnberg) stolperte über einen Projektfehlstart in den USA und musste deshalb die geplante Rückkehr in die Gewinnzone für 2021 absagen. Ob es im laufenden Jahr klappt, darüber wagt der Vorstandsvorsitzende Holger Engelmann keine Prognose.

Im ersten Quartal 2022 lag das Minus bei 28 Millionen Euro. Das Vorhaben war ehrgeizig: Für die Neuauflage der amerikanischen Geländewagen-Ikone Ford Bronco sollte Webasto sechs verschiedene Dachvarianten liefern. Insgesamt geht es um eine Million extrem leichte Dächer jährlich. Webasto baute ein Werk in den USA auf – mit einer eigenen Zulieferstruktur. Doch Probleme bei der Gewinnung von Mitarbeitern und mit der Qualität warfen das Unternehmen weit zurück. 200 Millionen Euro kostete Webasto das Bronco-Desaster.

Das führte dazu, dass das Ergebnis vor Steuern und Zinsen noch einmal schlechter ausfiel. Es sank von minus 69 Millionen Euro (2020) auf minus 146 Millionen Euro. Der Umsatz dagegen kletterte um 12,2 Prozent auf 3,7 Milliarden und erreichte damit wieder das Vorkrisenniveau von 2019.

Von einem „komplexen Projekt“ sprach Engelmann, beteuerte aber, das sich die Sache zuletzt positiv entwickelt habe. Dabei sollte das Bronco-Projekt dazu führen, dass Webasto mit seinen Produkten stärker in den USA Fuß fast. Immerhin macht Webasto dort nun 22 Prozent seiner Umsätze (statt wie bisher 17 Prozent). Doch Asien mit 42 Prozent und Europa 36 Prozent bleiben deutlich vorn. Mit Dächern erwirtschaftet der Stockdorfer Konzern 83 Prozent seiner Erlöse, mit Autoklimaanlagen und Heizungen auf Verbrenner-basis weitere 13 Prozent. Doch am stärksten investiert er in einen Bereich, der erst bescheidene vier Prozent zum Webasto-Geschäft beiträgt: Elektroheizungen, Wallboxen und Batterien für Nutzfahrzeuge, Baumaschinen und verstärkt Pkw. In Dangjin (Südkorea) hat Webasto einen Fabrik für Hochvoltbatterien gebaut, die die Stromspeicher für jährlich 110 000 Autos der Marken Hyundai und Kia liefern sollen. Und in der Slowakei entsteht ein Werk, das Batterien auch für einen deutschen Hersteller baut.

Zu der deutlichen Akzentverschiebung in Richtung Elektro sieht Engelmann keine Alternative. Bei Dächern habe Webasto über 50 Prozent Weltmarktanteil und damit nur geringe Aussichten auf Steigerung der Marktanteile. Dagegen fahre bereits 2025 jeder vierte Neuwagen elektrisch. „Elektromobilität ist unsere Zukunft“, sagt der Unternehmenschef, der den Anteil dafür im Webasto-Portfolio auf 20 Prozent und den Umsatz auf über einen Milliarde Euro steigern will. Dabei lassen sich die Geschäftsbereiche durchaus vermengen: Webasto entwickelt und baut nun auch Solardächer, mit denen sich die Reichweite – zumindest an Tagen mit starker Sonneneinstrahlung um mehrere 100 Kilometer erweitern lässt.

Artikel 3 von 11