München – Seit Monaten spekulieren Bitcoin-Fans darauf, dass die US-Börsenaufsicht SEC Indexfonds auf die Kryptowährung erlaubt. In der Nacht auf Donnerstag genehmigte sie die Produkte, wenn auch mit Bedenken: Die Kryptowährung sei spekulativ, schwanke stark und werde für Geldwäsche, Illegales und die Umgehung von Sanktionen genutzt, warnte SEC-Chef Gary Gensler. Professor Philipp Sandner vom Blockchain Center der Frankfurt School of Finance erklärt, was die Zulassung bedeutet.
Herr Sandner, in den USA sind nun ETFs auf Bitcoin zugelassen. Ein Meilenstein für den Bitcoin?
Das ist der Ritterschlag, der den Bitcoin hoffähig macht. Durch die Zulassung durch die Börsenaufsicht erhält die Kryptowährung eine gewissen Legitimität und kommt im Mainstream an. Nun könnten zum Beispiel auch Investoren wie Pensionsfonds oder Versicherer in Bitcoin investieren.
Der Chef der Börsenaufsicht warnte gestern ausdrücklich, dass der Bitcoin für Geldwäsche und kriminelle Geschäfte genutzt wird. Was ist da dran?
Es stimmt, dass auch Kriminelle den Bitcoin für Zahlungen nutzen – so wie Euro und Dollar übrigens auch. Aber der Anteil solcher Zahlungen hat in den vergangenen Jahren signifikant abgenommen, weil die Regulierung schärfer geworden ist.
Das Bitcoin-System erleichtert anonyme Zahlungen aber sehr, oder?
Ja und nein. Technisch gesehen sind die Zahlungen pseudoanonym, weil sie ohne Bank oder Zentralbank direkt von einer Person zu anderen gehen. Wer in Europa Bitcoin handeln will, muss sich allerdings bei einer Kryptobörse anmelden und sich dort wie bei einer Bank identifizieren. So kann man bei Zahlungen meist nachvollziehen, wer dahintersteckt. Außerhalb Europas sind die Regeln aber nicht überall so streng, in Teilen Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas etwa. Oft reicht dort ein Ausweis als Identitätsnachweis und es wurden schon viele Fälle bekannt, bei denen gefälschte Ausweise vorgelegt wurden. Allerdings können Kriminelle dort vermutlich auch deutlich einfacher über das Bankensystem Geld verschieben als bei uns.
Wieso sind Finanzriesen wie Blackrock überhaupt scharf darauf, Produkte auf Bitcoins aufzulegen?
Der Bitcoin ist extrem interessant, weil er durch die Blockchain-Technologie direkte Zahlungen ohne Mittler erlaubt. Vereinfacht gesagt: Weltweit stellen diverse Rechenzentren dezentral Rechenleistung für das System bereit. Dafür erhalten sie neu geschaffene Bitcoins als Belohnung. Man nennt das Mining, in Anlehnung an das Schürfen von Gold. Dieses Mining kostet viel Energie. Aber das stört die Nutzer bisher nicht weiter. Das Mining wird immer schwerer, je mehr Bitcoin im Umlauf sind, außerdem ist die Zahl der Bitcoin auf 21 Millionen Stück begrenzt. Das macht Bitcoins zu einem digitalen Rohstoff wie Gold. Das ist einzigartig.
Hat das Interesse der Banken auch damit zu tun, dass mittlerweile sehr viel Geld im System steckt?
Ja, im Moment sind es über 900 Milliarden Dollar. Hinzu kommt, dass viele davon ausgehen, dass der Bitcoin-Preis schon durch die Goldeigenschaften – also die Knappheit – steigen könnte. Für Finanzdienstleister ist das interessant, denn mögliche Gewinne ziehen Anleger an. Das bedeutet für Blackrock und Co. neue Umsatzkanäle.
Glauben Sie, dass der Bitcoin-Kurs steigen wird?
Ich gehe davon aus, denn durch die neuen ETFs wird viel neues Kapital in die Anlageklasse fließen. Außerdem wird die Zahl der täglich neu schürfbaren Bitcoins im April erneut halbiert. Auch das treibt den Kurs meist. Ob und wie viel genau es nach oben geht, kann man aber nicht vorhersagen.
Der Bitcoin wurde nach der Finanzkrise als alternatives Finanzsystem gegründet und wird von Hackern und libertären Staatskritikern gefeiert. Entbehrt es da nicht einer gewissen Ironie, dass das System nun von Schlipsträgern gekapert wird?
Ich würde nicht so weit gehen, dass das Bitcoin-System gekapert wird. Die Grundidee eines dezentralen Assets besteht ja fort. Nun gibt es daneben halt auch klassische Finanzprodukte auf Bitcoins.
Die ETF-Zulassung gilt bisher für die USA. Kommt sie auch für Deutschland?
Da bin ich mir sicher. Es gibt aber bei uns schon einige Produkte, die den Bitcoin-Kurs abbilden und oft auch direkt in Bitcoin investieren, da sind wir sehr weit. Die heißen ETPs, ETNs und ETCs, die rechtlich Zertifikate sind. Manche Großanleger dürfen hierzulande deshalb nicht in diese Produkte investieren.
Lohnt es sich aus Ihrer Sicht, Bitcoins zu kaufen?
Ja, aber das muss jeder Anleger für sich selbst entscheiden. Es ist eine spannende Technik und eine neue Anlageklasse. Auch der Vergleich mit Gold passt meiner Meinung nach sehr gut. Doch wie bei Gold gilt auch bei Bitcoin: Man sollte nur einen kleinen Teil seines Geldes anlegen und sich unbedingt vorher intensiv mit der Thematik beschäftigen.
Interview: Andreas Höß