Ifo-Forscher warnen vor „Zeitbombe Rentenversicherung“

von Redaktion

München/Dresden – Satte 429 Milliarden Euro gab der Bund 2023 für die Alterssicherung aus. Und weil die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen, wird diese Summe bis zum Jahr 2038 noch um 75 Prozent steigen – während die Löhne gleichzeitig nur um 50 Prozent zulegen sollen und immer mehr Rentner auf weniger Beitragszahler kommen. Das alles ist lange bekannt. Doch wie gehen die Parteien das Rentenproblem im Bundestagswahlkampf an? Gar nicht, sagen die Ökonomen Joachim Ragnitz und Marcel Thum vom Dresdner Ableger des Münchner Ifo-Instituts. Sie haben die Pläne der Parteien ausgewertet und warnen vor der „Zeitbombe Rentenversicherung“.

Demnach hat die FDP bisher keine konkreten Vorschläge zur Reform der Rente vorgelegt, weshalb ihre Pläne nicht bewertbar seien, so die Forscher. Die Union will an der Frührente mit 63 und dem regulären Rentenalter von 67 festhalten und hofft dabei auf Wirtschaftswachstum. Ein Denkfehler: Wachstum würde der Rentenkasse zwar höhere Einnahmen bescheren, die Rentenansprüche würden aber im gleichen Maße steigen, erklären die Forscher. Aus der Finanzierungslücke könne man daher „nicht einfach herauswachsen“. Auch mehr private Vorsorge, wie sie die Union fordert, würde die Kassen erst ab 2070 leicht entlasten.

Ähnlich ist es mit dem kapitalgedeckten Bürgerfonds, den die Grünen wollen. Auch er bringe keine Soforthilfe. Dass laut Grünen-Plänen auch Beamte und Selbstständige in die Rentenversicherung einzahlen sollen, „würde kurzfristig zu einer Doppelbelastung der öffentlichen Haushalte führen, die dann sowohl die laufenden Pensionszahlungen als auch die Beiträge für das aktive Personal zu schultern hätten“. Zudem würden auch die Grünen am Renteneintritt mit 67 festhalten und das Rentenniveau stabil halten wollen.

Gleiches gilt für die SPD, die damit die Kosten „ausschließlich der erwerbstätigen Generation auferlegt“, die diese über höhere Beiträge oder Steuern zu tragen habe. Demnach würde der Beitragssatz bis 2045 um 1,5 auf 22,7 Prozent steigen. Noch teurer wäre die von der AfD geplante Anhebung des Rentenniveaus von 48 auf 70 Prozent, die über eine Erhöhung des steuerfinanzierten Bundeszuschusses bezahlt werden soll.

Alle Parteien würden versuchen, mögliche Belastungen für Rentner zu vermeiden, da sie die größte Wählergruppe seien, bilanzieren die Autoren. Für eine echte Stabilisierung des Rentensystems fordern sie, dass das Renteneintrittsalter mit der Lebenserwartung steigt und die Rente an die Inflation statt an die Löhne gekoppelt wird und unter 48 Prozent sinken kann. So wären die Lasten gerechter verteilt. In der Vergangenheit seien die Mehrkosten dagegen weitgehend jungen Beitragszahlern aufgehalst worden.
ANDREAS HÖSS

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