Bad Aibling/Rosenheim – Weil er bereits einige Vorahndungen mitbrachte, riet ihm der Vorsitzende Richter Christian Merkel zu einem umfassenden Geständnis, um eine möglichst milde Strafe zu erreichen. Dem widersprach der Verteidiger, Rechtsanwalt Harald Baumgärtl heftig. Er bat das Gericht und die Staatsanwaltschaft um ein Rechtsgespräch, wobei er bislang unbekannte Beweismittel vorlegte, die dem Sachverhalt eine völlig andere Sicht der Dinge geben konnten.
Chatverkehr aufbewahrt
Der Angeklagte, ein 33-jähriger Staplerfahrer aus dem Raum Augsburg, hatte nämlich den Chatverkehr mit dem angeblichen Tatopfer aufbewahrt und diesen legte der Verteidiger in ausgedruckter Form dem Gericht vor. Diese Mitteilungen von der angeblich erpressten und geschändeten Frau waren in einer Form pikant, dass der Richter von diesen nur die mildesten Redewendungen verlas.
Als die 28-jährige Aiblingerin im Zeugenstand mit ihren eigenen Worten aus diesem erotischen Briefwechsel konfrontiert wurde, kam sie sichtlich in Erklärungsnöte.
Es entwickelte sich schließlich folgender Sachverhalt: Sie wollte den Internetkontakt mit dem Angeklagten vertiefen. Zu dieser Zeit hatte sie mit ihrem damaligen Lebensabschnittsgefährten gebrochen und war offensichtlich auf der Suche nach einer neuen Beziehung. Bereits nach einer Viertelstunde beim ersten Zusammentreffen in dessen Wohnung kam es zu einvernehmlichen Geschlechtsverkehr.
Es kam in der Folge zu der Überlegung, zusammenzuziehen. Dies, so der Angeklagte, hätte eine größere Wohnung bedeutet und sie sollte in diesem Fall 3000 Euro mit beitragen. Von einer Erpressung könne überhaupt keine Rede sein.
Ex-Partner ließ
sich nicht erweichen
Weil das angebliche Tatopfer jedoch über keinerlei Geldmittel verfügte, wendete sie sich an den „Verflossenen“, der solle ihr mit diesen 3000 Euro aushelfen. Dazu war dieser natürlich nicht ohne Weiteres bereit. Auch mit reaktivierten Sexualkontakten war er offensichtlich nicht zu erweichen. Aus irgendeinem Grunde hatte die Frau Zugriff auf dessen Girokonto. Dort waren 900 Euro verfügbar, die sie abhob und dem Angeklagten überbrachte.
Stockend korrigierte sie, nachdem sie der Richter mit dem Risiko einer Falschaussage konfrontiert hatte, auch die Einlassung, der Angeklagte habe sie gewaltsam zu Oralsex gezwungen.
In Wirklichkeit war wohl der „Ex“ dahinter gekommen, dass sie sein Konto geplündert hatte. Als Erklärung hatte sie daraufhin die Ausrede mit der Erpressung erfunden. Damit die Darstellung des so Beschuldigten möglichst negativ ausfiel, hatte sie ihn auch der Vergewaltigung beschuldigt.
Das konnte der Ex-Partner nicht so stehen lassen und ging mit der Aiblingerin zur Polizei. Dort erstattete sie – um sich nicht Lügen zu strafen – Anzeige gegen den Angeklagten.
Selbstverständlich beantragte die Staatsanwältin gemeinsam mit dem Verteidiger einen glatten Freispruch. Dem entsprach auch das Gericht. Allerdings wies der Richter den Freigesprochenen darauf hin, dass er viel früher mit seinem Verteidiger Kontakt hätte aufnehmen sollen. Dann wäre es zu diesem Verfahren überhaupt nicht gekommen. Die junge Frau muss nun mit einer Anklage wegen falscher Beschuldigung rechnen. au