Gegen Tatzelwurm aus Beton und Stahl

von Redaktion

Brenner-nordzulauf: Neue Bürgerinitiative lehnt Trasse über Bad Feilnbach ab

Bad Feilnbach – Deutliche Zeichen gegen eine mögliche Bahntrasse für den Brenner-Nordzulauf durch die Moor- und Filzenlandschaft im Gemeindegebiet von Bad Feilnbach haben zahlreiche Bürger in einer Info-Veranstaltung beim Kistlerwirt gesetzt. Einer an diesem Abend spontan gegründeten Bürgerinitiative mit dem Ziel, eine Trassenvariante Bad Feilnbach strikt abzulehnen, schlossen sich über 200 Personen an.

Fast aus allen Nähten zu platzen schien der Saal des Kistlerwirts, voll besetzt mit Interessenten allen Alters aus dem Gemeindegebiet und betroffenen Inntalgemeinden. Im Mittelpunkt stand ein Referat von Theo Geflitter vom Verein „Bürgerforum Inntal Ortsverband Brannenburg Flintsbach“ über befürchtete Auswirkungen der Bahntrassenpläne für den Nordzulauf des Brennerbasiszunnels (BBT) in der Region.

Rollenverhältnisse

zu beachten

Zu Beginn der Veranstaltung verwies Bürgermeister Anton Wallner auf die Rollenverhältnisse „Politik“ als Auftraggeber und „Deutsche Bahn“ (DB Netz AG) als Auftragnehmer und ausführendes Organ für die Planungen. Laut Geflitter zeichne sich die Variante Bad Feilnbach als „monströser Tatzelwurm aus Beton und Stahl“ durch Biotope und Naturschutzgebiete des Inntals als Hochbautrasse mit großen Kurvenradien von bis zu drei Kilometern für Geschwindigkeiten von 230 Kilometer pro Stunde ab. Bedingt durch weichen Untergrund aus Seeton im Becken des einstigen Rosenheimer Sees wären dicht aneinander angeordnete Stützen erforderlich. Dabei bezog sich der Referent auf Erkenntnisse erster Bohrungen bis zu einer Tiefe von 65 Meter. „Verbundene Folgen mit gravierenden Auswirkungen wären eine unwiderruflich zerstörte Landschaft, Belastungen mit Staub, Lärm, Abraumhalden, Containerdörfer, Baustraßen während einer voraussichtlich über zehn Jahre dauernden Bauzeit“, so Geflitter.

Darüber hinaus sei durch Emissionen im Betrieb der Strecke – geplant seien seitens der Politik 400 Züge pro Tag –ein Erliegen von Kur- und Tourismus zu erwarten. „Auch eine vernünftige und wirtschaftliche Landwirtschaft ist nicht mehr gegeben und die Existenz traditionsreicher Betriebe extrem gefährdet.“ Nach derzeitigem Stand sei die derzeitige zweigleisige Bestandsstrecke entlang des Inns entgegen der Prognosen nicht einmal zur Hälfte ausgelastet, so der Referent weiter. Gegenwärtig gebe es laut Geflitter entgegen Zusagen im deutsch-österreichischen Staatsvertrag weder aktuelle noch neutrale Studien, die mögliche Kapazitätssteigerungen sowie Bedarf an Güter- und Personenzügen der bestehenden Trasse berücksichtigen.

Ulrich Schreiber von der Innitiative Bürgerforum Inntal gab als Referent zum Thema „Verkehrspolitik im Inntal – Was bringt der BBT-Nordzulauf?“ zunächst einen historischen Rückblick auf Güterbewegungen auf oder entlang des Inns. Seiner Ansicht nach hat die Politik ein verkehrspolitisches „schwarzes Loch“ bei vielen Maßnahmen hinterlassen. Gut ein Fünftel des Lkw-Transits hätte, wenn es die Politik gewünscht hätte, auf die Schiene verlagert werden können. Die derzeitige Situation spreche über ein Verhältnis von knapp 18 Prozent Schiene gegenüber 74 Prozent Straße und die Verantwortlichen aus der Politik hätten diesbezüglich versagt, so Schreiber.

Der BBT sei technisch ohne Wirkung in Bezug auf eine Reduzierung des Lkw-Verkehrs, sagte der Referent. Auch eine Kosten-Nutzen-Analyse in einem Projekt, das 145 Millionen Euro pro Kilometer verschlinge, sei nicht plausibel, die CO2-Belastung sei nicht nachhaltig und die Lebensqualität werde schlechter. Schreiber: „Mit Blick über die Grenzen setzen Österreich und auch die Schweiz auf die Strategie der Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene. Verantwortung in unserem Lande trägt die Politik.“ Ein Bürger merkte an, dass „bisherige Bahnchefs aus den Führungsebenen der Kfz-Lobby entstammen“ und kein Umdenken zugunsten des Schienenverkehrs zu erwarten sei.

Nach Auskunft von Wallner in der Diskussion habe das Nachbarland Österreich in puncto Schienenverkehr wesentliche Fortschritte zu verzeichnen. 70 Prozent der Strecke seien fertig, das Bundesland habe deutliche Pläne und werde auch das Reizthema Blockabfertigung zum Leidwesen bayerischer Landkreise verschärfen. Auch sei in Tirol das 365-Euro-Jahresticket für Bahnfahrer bereits Standard.

200 Bürger schlossen sich der Initiative an

Das Organisationsteam der Veranstaltung um Josef Riedl gründete noch am selben Abend die Bürgerinitiative „Bad Feilnbach contra Brenner-Nordzulauf“, der sich spontan rund 200 Bürger aus dem Inntal anschlossen. Zu den Zielen der Initiative gehört, die Trassenvariante Bad Feilnbach strikt abzulehnen aber zu befürworten, dass die Bestandsgleistrasse entlang des Inns mit maximalem Schutz von Mensch und Natur neu überplant wird.

Vor der Bekanntgabe der engen Trassenauswahl Anfang Juli möchte die Initiative Aktivitäten durchführen und ihre Standpunkte mit den drei Säulen „Bürger – Gemeinde –Landwirtschaft“, „Gesundheit – Tourismus“ und „Natur- und Artenschutz“ deutlich markieren, wie hieß.

Der erste Schritt soll eine Petition für alle Bad Feilnbacher Bürger sein, die in diesen Tagen auf der Website der Gemeinde www.bad-feilnbach.de eingerichtet werden soll, wo die Bürger ihr Nein zur Trassenvariante Bad Feilnbach zum Ausdruck bringen können.

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