Bad Aibling – Das „Armbrustschießen für jedermann“ der Gebirgsschützenkompanie Aibling erfreut sich in der Kurstadt jedes Jahr großer Beliebtheit. Heuer steht das Gerät just in den Tagen vor der Veranstaltung aber noch aus ganz anderen Gründen im Fokus der Bevölkerung: Drei Menschen kamen Ende vergangener Woche in Passau durch Armbrustpfeile ums Leben. Doch die dort verwendeten Waffen lassen sich mit den Geräten der Aiblinger Gebirgsschützen nicht direkt vergleichen, sagt der für die Öffentlichkeitsarbeit zuständige Kompanie-Leutnant Uwe Hecht.
Herr Hecht, sind Sie nach dem Ereignis von Passau schon in irgendeiner Weise auf das Thema Armbrust als Tötungswaffe angesprochen worden?
Bisher gibt es noch keine Reaktionen. Aber wir rechnen schon damit, dass bei der Veranstaltung am Samstag und Sonntag Fragen kommen oder die eine oder andere Bemerkung in dieser Richtung zu hören sein wird.
Worin unterscheiden sich die Waffen, mit denen Sie schießen, von den Sport-Armbrüsten, die offenbar in Passau im Spiel waren?
Im Gegensatz zu unseren Armbrüsten handelt es sich bei den in Passau verwendeten tatsächlich um Wettbewerbs-Armbrüste, mit denen sportliches Schießen betrieben wird und deren Visierung sehr präzise ist. Diese sind wesentlich kleiner und leichter. Unsere Geräte sind einer historischen Armbrust aus dem 17. Jahrhundert nachempfunden, die im Besitz von Max Regensburger war. Sie diente als Muster für den originalgetreuen Nachbau. Diese werden bei uns nur zum „Armbrustschießen für jedermann“ oder beim kompanieinternen „Adlerschießen“, bei dem auf einen hölzernen Adler geschossen wird, verwendet.
Schießen Sie denn auch mit Pfeilen?
Nein, als Munition dienen „Prellbolzen“. So wie einst bei den Rittern. Die Gebirgsschützen rekrutierten sich übrigens aus den sogenannten Standschützen. Deren erste Waffe war die Armbrust. Also ist auch eine historische Verbindung zwischen Armbrust und Gebirgsschützen gegeben.
Braucht man eine Genehmigung für die Armbrüste, die Sie verwenden?
Nein, eine Waffenbesitzkarte oder eine Waffensachkunde-Prüfung braucht es für unsere Geräte – dieser Begriff gefällt uns für unsere Armbrüste übrigens wesentlich besser als „Waffen“ – nicht.
Wie kamen die Gebirgsschützen auf die Idee des Armbrustschießens?
Das war eine ganz pragmatische Angelegenheit. Die Kompanie wurde 1980 wiedergegründet. Anfangs finanzierte sie sich fast selbst. Nach über zehn Jahren waren die Mittel nahezu aufgebraucht, man suchte nach einer Einnahmequelle. Der damalige Oberleutnant, spätere Hauptmann und jetzige Ehrenhauptmann Bernhard Kneifel hatte dann die Idee des Armbrustschießens. Er hatte die erwähnte Armbrust von Regensburger und als Werkzeugmacher war er geradezu prädestiniert, die Mechanik dafür zu fertigen. Die Schafte wurden von Rudi Wenger ausgeschnitten und von Robert Schuster bearbeitet. Kneifel sorgte für die elektrisch betriebenen Scheibenläufe.
Aber die Anfänge waren nicht so einfach, oder?
Das stimmt. Wie lange es dauerte, bis die „Macher“ eine einigermaßen wettbewerbsfähige Armbrust vorweisen konnten, belegt ein Eintrag in die damals von Heribert Frammelsberger verfasste Chronik: „Die erste Armbrust hatte eine so starke Streuung, dass damit selbst ein Scheunentor nur schwer zu treffen war“. Mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit gelang es Kneifel jedoch, diesen eher untauglichen Prototyp zu einer Armbrust zu entwickeln, mit der mittlerweile auch schon mal alle 40 möglichen Ringe getroffen werden.
Was macht in Ihren Augen den Reiz beim Schießen mit den historischen Armbrüsten aus?
Die Armbrust wird ja oft als „Gewehr der Ritter“ beziehungsweise Wilhelm Tells bezeichnet, dadurch ist sie bekannt geworden. Ein „normaler Mensch“ hat ansonsten kaum eine Möglichkeit, solch eine historisch nachempfundene Armbrust zu bedienen. Zudem ist die Visierung über Lochkimme und Ringkorn relativ einfach. Und ermöglicht auch für jene die Teilnahme, die ansonsten nicht dem Schießsport verbunden sind.
Die Kinder dürfen bei Ihnen mit speziellen Armbrüsten schießen? Erleben Sie im Zuge der Veranstaltung auch Kritiker, Stichwort „Kinder und Waffen“?
Bei den Kinder-Armbrüsten handelt es sich wirklich um Spielzeug. Wir hatten dieses Angebot bis vor zwei Jahren nicht, es kamen aber immer mehr Väter und auch Mütter auf uns zu, die ihre Kinder auch einmal mit der Armbrust schießen lassen wollten. Da dies aber mit den üblichen nicht möglich ist – wir legen sehr großen Wert darauf, dass der Teilnehmer am Wettbewerb mindestens 16 Jahre alt ist – kam unser Oberleutnant Hermann Bogner auf die Idee, einen Kinderstand mit den Spielzeug-Armbrüsten, wie man sie von den Volksfesten kennt, zu organisieren. Kritik haben wir in dieser Richtung noch nicht gehört und halten diese auch für nicht angebracht.
Wie viele Armbrüste haben die Gebirgsschützen und gelten für die Aufbewahrung die gleichen Vorschriften wie für Sport- und Jagdwaffen?
Die Kompanie verfügt über fünf Stände, zu jedem gehört eine Armbrust. Dazu kommen noch drei bis vier Ersatz-Geräte, darunter eine für „Linkshänder“. Explizite Aufbewahrungsvorschriften gibt es nicht, die Armbrüste werden während des Jahres jedoch gut und sicher an einem Ort verwahrt, der nur eingeweihten Personen bekannt ist. Zu unserer Veranstaltung werden diese erst in letzter Minute in die Halle gebracht, ebenso die Bolzen, die separat aufbewahrt sind. Während der beiden Tage werden alle Gerätschaften von dafür bestimmten Personen, die zumeist über eine „Standaufsicht- und Sicherheitsprüfung“ verfügen, beaufsichtigt. Unbefugter Zugriff ist also ausgeschlossen.
Interview: Eva LAgler