Tuntenhausen – Die Videoanimation der Deutschen Bahn ist toll: Da gleitet ein Zug durch die Landschaft, vorbei an saftigen Weiden und beschaulichen Dörfern – begleitet von dynamischer Klaviermusik. So sieht Zukunft aus, möchte man meinen. Doch was bringt diese Zukunft den Menschen, die heute dort leben?
„Diese Trasse ist eine schlechte Botschaft für unsere Heimat“, sagt Hans Baumgartner, Landwirt und Vorsitzender der Bürgerinitiative gegen den Brenner-Nordzulauf in Tuntenhausen und Ostermünchen. „Diese Trasse wird viele Landwirte ihre Existenz kosten.“ Einer von denen, die aufgeben wollen, ist Josef Bittner aus Aubenhausen. „Ich verliere etwa acht Hektar Grund. Damit können wir unsere Landwirtschaft nur noch im Nebenerwerb betreiben“, sagt er. Eigentlich wollte er den Hof an seinen Sohn übergeben. Doch daraus werde nun nichts. Er müsse sich eine andere Arbeit suchen. „Wir müssten einen neuen Stall bauen. Davon sehen wir jetzt aber ab, denn wozu brauche ich einen Stall, wenn ich keine Wiesen mehr habe? Neuen Pachtgrund bekommt man nicht mehr, denn jeder braucht seinen Grund selbst.“ Bittner sieht dem Ende seiner Landwirtschaft entgegen. „Ich bin keiner, der sich zehn Jahre vor Gericht streitet und dann doch verliert. Für mich ist das eine stille Enteignung.“
Thomas Huber aus Berg will an seiner Biolandwirtschaft festhalten, auch wenn es künftig schwieriger wird. „Wir sind hier sehr beengt in Berg, haben keine Flächen am Hof“, erklärt er. Für die zukünftige Entwicklung des Betriebes mit Weidegang wäre eine Aussiedlung des Stalles sinnvoll gewesen. „Doch das wird mit der Bahntrasse schwierig.“
Biolandwirt ist auch Sebastian Kendlinger aus Stetten. „Die Entscheidung für diese Trassenvariante war ein Schock für mich“, sagt der 35-Jährige. Die Trasse geht 50 Meter vor seinem Stall vorbei. Seine Weiden müssen weichen: „Die wertvollsten Flächen vor unserem Haus“, beschreibt er. Sie werden durchschnitten, gefressen, versperrt. Selbst der Austrieb der Tiere auf alternative Weiden ist dann nicht mehr möglich. Eine weitere Pachtfläche geht durch den neuen Bahnhof verloren.
Ein Grundstück hatte er dem Sportverein für den dritten Fußballplatz zur Verfügung gestellt. Doch auch den Sportplatz wird es künftig nicht mehr geben. Auf seinem Terrain führt der Brenner-Nordzulauf künftig an Berg und Stetten vorbei Richtung Weiching. „Wir haben in den vergangenen Jahren in unsere Biolandwirtschaft viel investiert. Doch mit der Trasse wird die Zukunft schwierig.“
„Wir werden unsere Heimat nicht so einfach opfern“, ist Hans Baumgartner entschlossen. Seit 300 Jahren gibt es den Irn-Hof in Berg, den er in elfter Generation bewirtschaftet. „Diese Trasse wird unsere gesamte Landschaft verändern. Deshalb fordern wir die Ertüchtigung und Auslastung der Bestandsstrecke. Nur wenn es gar nicht mehr zu verhindern wäre, käme für uns ein zweigleisiger Neubau in Tunnelbauweise infrage. Wir fordern eine ehrliche Bedarfsanalyse. Auch wenn es ein Kampf zwischen David und Goliath sein wird: Wir werden für den Erhalt unserer Heimat kämpfen.“