Bruckmühl – Mit einem Paukenschlag endete die Sondersitzung des Bruckmühler Marktgemeinderates am Donnerstagabend. Nach einer fast vierstündigen Projektpräsentation und Diskussion stimmte das Gremium mit 22:1 Stimmen dafür, die Planungen für den Umbau des Bestandsgebäudes und den Anbau an das Rathaus mit der aktuellen Leistungsphase drei vorerst abzuschließen. Noch vor der Sommerpause – voraussichtlich im Juli – wird sich der Marktgemeinderat in einer nichtöffentlichen Klausurtagung erneut mit dem Rathaus beschäftigen.
Ein Blick zurück: Im November 2019 hatte sich der Marktgemeinderat mit einem 21:1-Votum für die 15,9 Millionen Euro teure Investition für ein umgebautes Rathaus entschieden.
Über Geschmack lässt
sich trefflich streiten
Später wurden Stimmen laut, die die Architektur kritisierten. Unter anderem war vom Erscheinungsbild eines „Kreiswehrersatzamtes“ die Rede.
Im Frühjahr 2020 trennte sich die Marktgemeinde im gegenseitigen Einvernehmen vom Architekten. Beendet waren zu diesem Zeitpunkt die Leistungsphasen (LP) eins und zwei, begonnen die LP drei des Bauvorhabens. In einem Vergabeverfahren bewarben sich danach sechs Architekturbüros um den Auftrag. Den Zuschlag erhielt im September 2020 die gk Gössel + Kluge Generalplaner GmbH aus Stuttgart. Der Auftrag war, in der LP drei einzusetzen sowie auf den Entwürfen und Ergebnissen des Vorbüros (LP 1 und 2) aufbauend einen neuen Entwurf zu schaffen, mit dem das Raumkonzept der Verwaltung umgesetzt werden kann. Im Januar 2021 bekräftige der Rat seinen Wunsch nach einer Verschmelzung von Alt- und Neubau, nach einer aufgelockerten Fassade, einem Walmdach und Barrierefreiheit. Zudem wurde die Bitte geäußert, die Pläne in 3-D zu visualisieren.
Nun stellten die Architekten die aktualisierten Pläne vor. Mit ihnen verbunden waren Kostensteigerungen von 15,12 Millionen Euro im Januar auf 19,25 Millionen Euro im Mai. Architekt Ingolf Gössel begründete das unter anderem mit dem 30-prozentigen Anstieg der von der Haustechnik nachgebesserten Kosten. Zudem seien bei der Prüfung der örtlichen Gegebenheiten zahlreiche Mängel aufgedeckt worden, die vom Vorbüro nicht erkannt worden waren. Dazu zählen unter anderem das tatsächliche Gewicht der Decken, eine unumgängliche statische Ertüchtigung von Fundamenten, Stützen und Unterzügen, die Umsetzung von Brandschutzauflagen, der Austausch nicht mehr zulässiger Treppen, die Gestaltung der Außenanlagen, die Anpassung der Entwässerungsführung oder die erforderliche Umfahrung des Gebäudes samt Straßenbau.
19,22 Millionen Euro
sind einfach zu viel
Unterm Strich stand nun eine Gesamtinvestition von 19,25 Millionen Euro. Für die entstandenen Mehrkosten ist zwar nicht das gk-Architekturbüro verantwortlich. Trotzdem saß der Schock im Marktgemeinderat tief. Hinzu kam die Befürchtung, dass die coronabedingte Verteuerung am Bau weitere Preissteigerungen verursachen könnte. Und auch wenn auf dem neuen Plan ein sprichwörtliches „all inclusive“ stand, befürchteten die Räte weitere „böse Überraschungen“.
Hinzu kam die Frage von Bürgermeister Richard Richter, „ob wir für dieses Produkt diesen Preis zahlen wollen“. Und auch diesbezüglich zogen sich Zweifel durch den Rat: Das Dach gefiel nicht. Die Wucht des mehr als 70 Meter langen Gebäudes wurde kritisiert. Auch die wie Schießscharten anmutenden Fenster oder die Spielereien mit „Schaufenstern“. Dieses Haus passe einfach nicht zu Bruckmühl.
Wesentlichstes Argument des Gremiums allerdings war die Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler und die Frage, ob diese Investition gegenüber dem Bürger vertretbar sei. Einsparpotenziale konnten nicht benannt werden. „Außer“, so der Architekt, „wir lassen eine Etage weg. Da sparen wir zwei Millionen.“
Zweiter Bürgermeister Klaus Christoph brachte die lange Diskussion mit dem Antrag der CSU zum Abschluss, die Planungen mit der Leistungsphase drei abzuschließen und in eine Klausurtagung zu treten. Der Antrag wurde mit 22:1 Stimmen angenommen. Dass auch die Opposition dafür stimmte, ist nicht verwunderlich. Schon im Mai 2020 hatte die Offene Liste Bruckmühl (OLB) den Antrag auf „Berechnung der Steuerausfälle, Priorisierung und Verschiebung von Investitionen“ aufgrund der Corona-Pandemie gestellt. Bündnis 90/Die Grünen wollten den Umbau des Rathauses zurückzustellen und prüfen, ob ein kleineres Projekt ausreichend wäre. Beide Anträge wurden damals abgelehnt.
Könnten Synergien
genutzt werden?
Nun ist der Marktgemeinderat auf einer Linie. „Ich bin froh, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen“, so der Bürgermeister. In der Klausurtagung im Juli soll es auch darum gehen, ob, wie und wofür das Bürger- und Kulturhaus mit seinen großzügigen Räumlichkeiten künftig genutzt werden könnte. Bis zum 30. Juli 2023 hat die Verwaltung ihr Übergangsdomizil in der alten „Wolldecke“ sicher. Die Option auf Verlängerung des Mietvertrages bis 31. Dezember 2023 besteht. Richter: „Wir dürfen uns von der Zeit nicht treiben lassen. Zur Not müssten wir Container aufstellen.“