Feldkirchen-Westerham – Wie etwas Positives in Verruf kommen und ins Negative umschlagen kann, erlebten die Feldkirchen-Westerhamer Gemeinderäte in ihrer jüngsten Sitzung. Konkret ging es um den Anbau der Feuerwehr, der im Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses zu einem „Prüfvermerk“ wurde. Eines sei vorausgeschickt: Die Feldkirchen-Westerhamer Kameraden trifft keine Schuld. Sie haben mit hohem ehrenamtlichen Einsatz den Anbau erstellt. „Der Fehler“, so betonte Dritter Bürgermeister Josef Hupfauer (FW Feldolling), „liegt im System“.
Jahresrechnung
2020 wurde geprüft
Der Prüfungsausschuss hatte die Jahresrechnung 2020 kontrolliert und dabei im Bereich Brandschutz einen „Ausreißer“ festgestellt, wie Anton Kammerloher erläuterte: Für den Anbau der Feuerwehr wurden 70233 Euro ausgegeben und als „Unterhaltungskosten“ verbucht. „Das ist aber eine Investition, die vom Hauptausschuss, Bauausschuss oder dem Gemeinderat bewilligt werden muss“, kritisierte Kammerloher (CSU). Allerdings wusste keiner der Gemeinderäte von diesen Ausgaben, denn sie wurden nur auf dem Verwaltungsweg verbucht. „Die Mittel wurden freigegeben, ohne dass ein Gremium zugestimmt hat“, bemängelte auch Bernhard Neumaier (CSU). Er war in der vergangenen Legislaturperiode – also bis Mai 2020 – Feuerwehrreferent, und auch er wusste von dieser hohen Investition nichts: „Diese Haushaltsmittel sind an mir vorbeigegangen.“ Neumaier forderte von der Verwaltung eine plausible Erklärung und bedauerte: „So kommt eine wirklich positive Geschichte in Verruf, weil es in der Verwaltung falsch gelaufen ist.“ Der Anbau an die Feuerwehr wurde zum großen Teil im Ehrenamt und in Eigenleistung der Kameraden erstellt.
„Ich höre heute zum ersten Mal davon“, war auch Hupfauer entrüstet: „Wir haben der Anschaffung des Wechselladers zugestimmt. Jetzt erfahren wir, dass der Anbau 70000 Euro gekostet hat.“ Kämmerin Jennifer Ziegelmann konnte dazu noch keine Stellung nehmen, da sie erst seit dem 1. Juli in der Gemeinde Feldkirchen-Westerham arbeitet. „Normalerweise werden die Rechnungen von der Feuerwehr im Bauamt eingereicht, dort abgezeichnet und dann an die Kämmerei weitergeleitet“, erklärte sie. Bei bis zu 3000 Euro dürfe die Kämmerei die Zahlung anweisen, ab 3000 Euro werde die Genehmigung des Bürgermeisters gebraucht. „Bis 20000 Euro darf laut Geschäftsordnung der Bürgermeister zustimmen“, erläuterte Ines Bertozzi, Geschäftsleiterin der Gemeinde. Für alle höheren Beträge werde ein Beschluss des Gemeinderates oder eines seiner Ausschüsse gebraucht. Das sei in diesem Fall nicht passiert.
Franz Bergmüller (Pro Bürger) stellte den Antrag, dass die Bauabteilung dazu Stellung bezieht. Zwar saßen drei Vertreter – darunter auch Bauamtsleiter Herrmann Weber – in der Runde. Eine kurzfristige Klärung des Sachverhaltes gab es von ihrer Seite aber nicht. Diese soll nun in der Januar-Sitzung erfolgen.
Bergmüller stellte den Antrag, dass die Feststellung und Entlastung des Rechenschaftsberichtes 2020 bis zur Klärung zurückgestellt wird. Dem stimmte das Gremium mit 25:0 Stimmen zu.
Im nächsten Tagesordnungspunkt ging es um die Genehmigung von Überschreitungen des aktuellen Haushaltes. „Ich brauche die Genehmigung des Gemeinderates, um offene Rechnungen bezahlen zu können und den Haushalt 2021 ordnungsgemäß abzuschließen“, machte die Kämmerin eindringlich klar, denn eigentlich wollte der Gemeinderat auch diesen Punkt vertagen, und vorab eine Rechnungsprüfung veranlassen. „Wir wollen wissen, wie es zu diesen Haushaltsüberschreitungen gekommen ist, und wie wir sie künftig vermeiden können“, betonte Johannes Zistl (OLV). Zu allen Überschreitungen gab es noch keine Beschlüsse des Gemeinderates. Diese mussten in der jüngsten Sitzung nachgeholt werden. Wieder war auch die Feuerwehr dabei. Für den Unterhalt ihres beweglichen Vermögens waren im 2021er-Haushalt 26700 Euro angesetzt. Davon sind noch 4000 Euro übrig. Nun aber ist eine Rechnung von 25355 Euro zu bezahlen.
Dringliche Anordnung wäre nötig gewesen
Die Kämmerin hatte vor der Sitzung in der Verwaltung recherchiert, welchen Grund es für die zusätzlichen Kosten gibt und zur Rechnung eine nachträgliche Aktennotiz des Bauamtes eingefordert. In ihr wurde der Grund erklärt: Die Linienentwässerung war defekt, wodurch die Feuerwehreinsätze gefährdet waren. Nach einer ersten Einschätzung des gemeindlichen Bauamtes wurden dafür 3000 Euro angemeldet.
Da die Linienentwässerung aber gebrochen war, fielen die tatsächlichen Kosten höher aus: 25355 Euro. „Wer hat dazu die Aufträge erteilt?“, fragte Bernhard Neumaier nach. „Da es sich um eine dringende, unaufschiebbare Reparatur handelte, hätte eine dringliche Anordnung des Bürgermeisters erfolgen und darüber dann das Gremium informiert werden müssen“, erklärte Bertozzi. „Das wurde nicht gemacht.“
Der Gemeinderat bewilligte die zusätzlichen Kosten, aber: „Wir müssen künftig darauf achten, dass in solchen Fällen dringliche Anordnungen erfolgen“, so Heinz Oesterle (SPD). Fehler könnten passieren, meinte Hupfauer: „Aber wir reden hier seit einer Stunde von Fehlern, die immer an der gleichen Stelle passieren. Irgendwo ist da ein Fehler im System.“