Bad Aibling – Unter dem Titel „Hemmschuh“ – auf gut Bayerisch „eibremst“ – boten Rayka Emmé und Nikolaus Stigloher ein „Hybrid-Programm“ mit abwechslungsreichen und anspruchsvollen Text- und Musik-Komponenten im Luli-Theater Bad Aibling.
Die beiden Gründer der aufgelösten Band „Lifve Chords“ brachten nach ein paar „Hemmschuh“-Seitenhieben auf ihre ehemaligen Bandmitglieder zum Ausdruck, dass, obwohl sie Urgesteine sind, sie für ihr Programm keine künstliche Intelligenz brauchen.
Von Figurproblemen
und Kaffeemühlen
In der Tat waren Text und Musik von den beiden überwiegend selber geschrieben, komponiert und arrangiert. Rayka setzte sich, eine Kaffeemühle aus dem Jahr 1940 vor Augen, mit den Tücken einer modernen Kaffeemaschine und ihren Display-Mitteilungen auseinander, während Nikolaus passend dazu mit seiner Gitarre den Peter-Cornelius-Titel „Der Kaffee ist fertig“ anstimmte. Das Duo widmete sich auch den ewigen Figur-Problemen und ergänzte seine „gewichtigen Überlegungen“ mit einem Klagelied. Im gebremsten Poetry-Slam-Stil unternahm Rayka dann einen Blitz-Streifzug durch ihr Leben und verriet danach singend ihr Lebensmotto: „Ich mache alles, nur nicht gleich“. Mit dem Lied „Ach Jott, watt sind de Männa dumm“ aus der Operette „Drei alte Schachteln“ von Walter Kollo brachte sie eine Hommage an die für ihren Berliner Dialekt bekannte Sängerin Claire Waldoff aus.
Als gebürtiger Berlinerin fiel Rayka der „Havel- & Spree-Originalton“ dabei nicht schwer. Musikalisch ging es weiter mit den Vorkriegsklassikern „Hallo kleines Fräulein“ von den Travellers und dem durch die „Comedian Harmonists“ bekannten „Lass mich dein Badewasser schlürfen“ sowie dem südamerikanischen Ohrwurm „Tico Tico“ mit „Berliner Schnauze“ und im Tango-Rhythmus. Dazwischen eingestreut wurden tiefsinnig-heitere Texte von Kurt Tucholsky und „Der Blusenkauf“ von Otto Reutter, mit dem die unterschiedlichen Kaufgewohnheiten zwischen den Geschlechtern zum Ausdruck kamen.
Mit der Teilnahme an einem Weinseminar, einschließlich Imitation des französischen Akzents des Referenten, nach dem Motto „Streber spucken, Genießer schlucken“, bescherte Rayka einen Genuss der besonderen Art und ihr nachdenkliches Chanson „Noch immer auf dem Weg zu mir“ war der Selbstfindung gewidmet. Verwirrende Bestell-Erlebnisse im Fastfood-Restaurant, der „Schwammerl-Blues“ als tödlicher Genuss und der EAV-Hit „Morgen fange ich ein neues Leben an“ bildeten den Abschluss.
Bereicherung der
Aiblinger Kulturszene
Die Kabarettisten bedankten sich bei den Zuhörern, darunter Bruckmühls Altbürgermeister Franz Heinritzi, für den Applaus mit dem Tucholsky-Gedicht „Die arme Frau“ und dem Daliah- Lavi-Titel „Lieben Sie Party?“ Mit ihrem facettenreichen Kabarett-Programm haben Rayka & Nikolaus die Aiblinger Kulturszene zweifellos bereichert.