Verhalten der Stadt „brandgefährlich“?

von Redaktion

Kritik an Maaßen-Auftritt im Kurhaus – Bürgermeister findet Diskussion „ermüdend“

Bad Aibling – Wirbel um eine Veranstaltung im Bad Aiblinger Kurhaus: Auf Einladung von „Rosenheim steht auf“ – nach eigenen Angaben ein Projekt der Organisation „Querdenken 8031“ – wird der ehemalige Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen am Mittwoch, 19. Juli, zum Thema „Was kann gegen den Umbau der Gesellschaft in Deutschland getan werden?“ sprechen.

„Rechter Hetzer“
und „Antisemit“

Für Michael Stacheder, Regisseur aus Bad Aibling, ein Skandal. Er bezeichnet den CDU-Politiker, den die CDU-Spitze unter anderem wegen seiner „Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen“ aus der Partei werfen wollte, als „rechten Hetzer“ und „Antisemit“. In einem offenen Brief bezeichnet Stacheder das Verhalten der Stadt im Hinblick auf die Veranstaltung als „beschämend“ und „feige“.

Ganser-Auftritt
noch im Hinterkopf

Am Samstag hatte das „Offene antifaschistische Plenum“ unter dem Motto „Es gibt kein ruhiges Hinterland!“ und unter Beteiligung verschiedener linksgerichteter Organisationen in Bad Aibling und Kolbermoor mit rund 30 Teilnehmern unter anderem gegen den Auftritt von Maaßen demonstriert. „Das Kurhaus in Bad Aibling entwickelt sich immer mehr zu einem von der extremen Rechten genutzten Veranstaltungsort“, betonten die Veranstalter in der E-Mail zur Ankündigung der Demonstrationen und bezogen sich dabei auf Vorträge des umstrittenen Historikers Daniele Ganser, die ebenfalls im Kurhaus abgehalten worden waren.

Eine Einschätzung, die Michael Stacheder teilt. Der Bad Aiblinger Regisseur hat den Stadtvertretern in einem offenen Brief vorgeworfen, es zuzulassen, dass „die Bühne unseres Kurhauses für eine verschwörungsideologische Veranstaltung“ missbraucht werde. „Glauben Sie tatsächlich, dass mit Blick auf die gesellschaftspolitische Entwicklung der letzten Jahre die Methode ,Schweigen und Aussitzen‘ ein wirksames Mittel gegen Verschwörungsideologie, Antisemitismus und Demokratiefeinde darstellt?“, schreibt Stacheder und bezeichnet das „Wegsehen und Wegducken“ als „brandgefährlich“.

Er stelle sich die Frage, warum es den demokratischen Parteien im Stadtrat von Bad Aibling so schwerfalle, „mit einem gemeinsam verfassten Statement diesen rechten Menschenfängern die Tür unserer Stadt zu weisen.“ Stacheder: „Es wäre ein Anfang. Ein starkes Signal nach draußen. Ein Signal für ein offenes und buntes Bad Aibling.“ „Frustration macht sich breit“, teilte der Regisseur zum Ende des Schreibens mit, „in meiner Heimatstadt, die mir immer fremder wird.“

Bad Aiblings Bürgermeister Stephan Schlier, der in der Anrede des Briefes persönlich genannt wird, findet die Diskussion um derartige Veranstaltungen im Kurhaus mittlerweile „tatsächlich etwas ermüdend.“ Auf Anfrage des OVB verwies Schlier auf die vertraglichen Verhältnisse. Die Stadt sei zwar Eigentümer des Hauses, habe das Kurhaus aber an die Aib-Kur verpachtet, die die Räumlichkeiten wiederum weiter verpachtet habe. „Wir wollen als Stadt auch gar nicht mehr Einfluss darauf haben“, sagte Schlier, „denn es kann ja nicht sein, dass dann letztlich nur noch Personen Veranstaltungen machen, die sich nach den aktuellen politischen Mehrheiten richten.“

Auch den Vorwurf, der Stadtrat würde das Thema aussitzen, könne er so nicht unkommentiert stehen lassen. „Ich verbiete keinem Stadtrat den Mund“, sagte der Rathauschef, „aber es gibt hier auch überhaupt keinen Anlass dazu, Stellung zu beziehen.“ Schließlich läge das Kurhaus einfach nicht im Zuständigkeitsbereich des Gremiums. Er mache sich zwar nicht die Meinungen von Maaßen zu eigen und werde die Veranstaltung auch nicht besuchen, sehe aber dort auch keine „rechte Hetze“. Schlier: „Man muss auch Meinungen aushalten können, die man selbst nicht gut findet.“

Eine Einschätzung, die Thomas Jahn, Geschäftsführer der Aib-Kur und ebenfalls in der Anrede des offenen Briefs direkt angesprochen, teilt. „Ich werde mich zu diesem Vorgang nicht mehr äußern“, teilte der hörbar genervte Kurdirektor am Telefon mit, betont aber anschließend auch: „Jeder sollte in einer Demokratie die Möglichkeit haben, sich zu äußern – wohlgemerkt von beiden Seiten.“ Schließlich könne man sich auch gerne mal über fragwürdige Plakataktionen der Antifa in der Stadt unterhalten. Jahns bitteres Fazit: „Ein vernünftiger Diskurs, wie er früher mal gepflegt worden war, ist nicht mehr möglich.“

Rücksprache
gehalten

Und was sagen die Pächter des Kurhauses, die der Organisation „Rosenheim steht auf“ die Räumlichkeiten zur Verfügung stellen? „Wir versuchen, Neutralität zu wahren“, so Melanie Sebrak, Marketing- und Veranstaltungsleiterin des Kurhauses, die verrät, dass die Anfrage für die Veranstaltung noch vor dem Pächterwechsel eingegangen ist. Zwar sei nochmal Rücksprache mit der Stadt gehalten worden. Nachdem aber klar war, dass Maaßen weiterhin Mitglied der CDU sei, habe es für sie keine Gründe gegeben, an der Veranstaltung zu rütteln. Vielmehr sei es ihre Aufgabe, demokratischen Parteien Veranstaltungen im Kurhaus zu ermöglichen. Sebrak: „Wenn demnächst die Linke bei uns eine Veranstaltung machen will, dann dürfen sich die Verantwortlichen gerne an mich wenden.“

Wirtschaftlichkeit
als Argument

Was Sebrak bei der ganzen Diskussion sauer aufstößt: Dass die Frage nach der Wirtschaftlichkeit des Kurhauses völlig außer Acht gelassen wird. „Wenn wir das Kurhaus nicht mit Veranstaltungen auslasten, wird es irgendwann auch kein Kurhaus mehr geben“, so ihre klare Ansage. Sie selbst sieht für die von Stacheder zitierte „gesellschaftspolitische Entwicklung der vergangenen Jahre“ einen ganz einfachen Grund: „Das Problem sind nicht die unterschiedlichen Ansichten. Das Problem ist, dass die Menschen überhaupt nicht mehr miteinander sprechen und einander zuhören.“

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