Bad Aibling – „In der Nacht vom 8. auf den 9. April war immer wieder lautes Hupen zu hören. Beim Blick aus dem Fenster war zu erkennen, dass die Signale von den Zügen stammten, die langsam vom Bahnhaltepunkt Kurpark anfuhren und den dortigen schienengleichen Bahnübergang trotz geöffneter Schranken passierten“, schildert Anwohner Herbert Grach seine nächtlichen Beobachtungen.
Er griff zum Smartphone und filmte. In seinem Video ist unter anderem zu sehen, wie ein Triebfahrzeugführer die Lok mit einer Taschenlampe in der Hand verlässt, kurz darauf wieder einsteigt, hupt und langsam losfährt. „Die Bahnschranken waren dabei geöffnet und das Andreaskreuz-Warnlicht leuchtete nicht“, so der Anwohner. Er klagt: „Mit etwa 120 Dezibel Lautstärke wurde gemäß Fahrplan so unangenehm die ganze Nacht gehupt und verfahren.“
Was ihn überdies verwundert habe, „war der Umstand, dass auf beiden Seiten der Eisenbahnkreuzung keine Personen standen, die den Straßenverkehr stoppten oder warnten, um so die unfallfreie Fahrt des Zuges zu sichern.“ Als er gegen Mitternacht bei der Polizeidienststelle in Bad Aibling angerufen habe, sei ihm mitgeteilt worden, „man habe dafür kein Personal.“ Zudem sei auf die Sorgfaltspflicht der Kraftfahrzeuglenker verwiesen worden. „Auf meine Anregung hin, doch aus anderen Polizeiinspektionen jemanden abzustellen – auch an die Feuerwehr wäre zu denken – wurde nicht eingegangen.“
„Sicherheitsvorgaben
wurden eingehalten“
„Das war auch nicht erforderlich“, lautet die einhellige Aussage von Polizei (Gefahrenabwehr Bahnhöfe und Gleisanlagen liegt im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei) und Bahn. Wenn eine technische Störung an einem Bahnübergang – im vorliegenden Fall eine Motorstörung – bestehe, gälten strenge Sicherheitsvorgaben und verbindliche Abläufe. Diese seien auch im Fall von Bad Aibling eingehalten worden, betont eine Sprecherin der Deutschen Bahn auf Anfrage des OVB: „Zum Beispiel müssen alle Züge vor dem Bahnübergang anhalten, ein Pfeifsignal abgeben und dürfen den Bahnübergang nur ganz langsam überqueren. Sicherheit hat immer oberste Priorität.“
Der Bahnübergang am Haltepunkt Kurpark sei mit einer Hilfseinschalttaste ausgestattet, die sich jeweils vor und nach dem Bahnübergang befindet. Mit dieser können Bahnübergänge auch manuell bedient werden. Im konkreten Fall verhinderte jedoch ein Motorschaden, dass die Schranke über die Hilfseinschalttasten bedient werden konnten, erläutert die Sprecherin.
Der Triebfahrzeugführer des Personenzugs der Bayerischen Regiobahn GmbH BRB, der in dem Video zu sehen ist, sei denn auch über eine Störung informiert gewesen und ausgestiegen, um die Schranke von Hand einzuschalten, wie Annette Luckner, Pressereferentin BRB, auf Anfrage erklärt.
„In der Regel wird dieser Bahnübergang durch das Befahren eines Kontaktes im Gleis automatisch eingeschaltet. Wenn das einmal nicht funktioniert, muss der Triebfahrzeugführer die Technik am Bahnübergang mit einem Schlüssel einschalten. Dann gehen die Schranken zu und das Rotlicht geht an. Wenn das auch nicht funktioniert, muss der Triebfahrzeugführer einen Achtungspfiff geben – und der Bahnübergang darf befahren werden.“ Luckner erklärt weiter, dass Störungen am Bahnübergang der Deutschen Bahn gemeldet würden, die dann einen Techniker an den Bahnübergang schicke. „In den meisten Fällen kann der Übergang mit einem Reset wieder entstört werden. Ab und zu muss aber ein Bauteil ersetzt werden. Hier kann es einige Tage dauern. So lange müssen dann die Triebfahrzeugführer den Bahnübergang selbst sichern.“
Bürgermeister Stephan Schlier ist aus der Vergangenheit ein Fall aus dem Oberland bekannt, in dem solch ein Zustand sogar über Monate lang angehalten hatte. Dort sei regelmäßig Personal vor Ort gewesen, das den Bahnübergang per Hand mit Ketten abgesperrt hatte. Von daher ist er froh, dass die Störung in Bad Aibling nur von kurzer Dauer und am Dienstagmorgen wieder behoben war. Auch wenn solch eine Situation, in der die Schranken nicht schließen, „nicht zufriedenstellend ist, da brauchen wir gar nicht reden.“ Behörden müssten im Falle einer technischen Störung übrigens nicht in Kenntnis gesetzt werden, erklärte die Sprecherin der Deutschen Bahn. Doch war in dieser Nacht die Bundespolizeiinspektion Rosenheim seitens des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd schon über die Schrankenstörung informiert worden.
Wie Dr. Rainer Scharf, Sprecher der Bundespolizeiinspektion Rosenheim, erklärt, habe man dabei auch erfahren, dass die Störung bereits der Notfallleitstelle der Bahn übermittelt worden wäre und dass vorgesehen sei, für die erforderlichen Reparaturarbeiten am darauffolgenden Morgen einen Techniker zu entsenden.
Bis dahin sei seitens der Bahn für den betreffenden Streckenabschnitt sicherheitshalber ein Fahrbefehl angeordnet worden, wonach „die Lokführer den Bahnübergang nur unter einer die Eigensicherung gewährleistenden angepassten Geschwindigkeit einschließlich der vorausgehenden Abgabe eines Hupsignals zu überqueren haben.“
Aufgrund eines der Lage angemessenen Fahrbefehls für Lok- beziehungsweise Triebfahrzeugführer seien nach Einschätzung der Bundespolizei die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen worden.
Bundespolizei
war informiert
„Sofern sich im weiteren Verlauf Störungen des Straßenverkehrs ergeben hätten, wären unter Umständen – jenseits der bahnpolizeilichen Zuständigkeit der Bundespolizei – weitergehende Bewertungen und gegebenenfalls hieraus resultierende Maßnahmen der für den Straßenverkehr zuständigen Polizeidienststelle erforderlich geworden“, so Dr. Scharf. Die technische Störung war nach Angaben der Deutschen Bahn am Dienstag um 8.50 Uhr repariert, die Schranke konnte danach wieder in Betrieb genommen werden. Insgesamt hätten 17 Züge den Bahnübergang in dem Zeitraum während der technischen Störung passiert.