Schechen – Feinripp-Unterhemd und Socken in den Sandalen. Das Klischee der Campingurlauber hängt noch in vielen Köpfen. „Stimmt schon lange nicht mehr“, sagt Sonja Feldmeier. Sie macht ihren Campingplatz am Erlensee fit für die neue Generation Camper.
Dauercamper sind für nahezu alle Campingplatzbetreiber die Basis des Erfolgs. Sie sorgen für die finanzielle Grundlage, mit der gewirtschaftet werden kann. Zum Teil in zweiter oder gar dritter Generation auf dem gleichen Platz. Das ist auch bei Sonja Feldmeier am Erlensee nicht anders. 120 Dauercamper hat sie und „Anfragen ohne Ende, ich nehme schon keine mehr an.“ Trotzdem ist ihr der Platz ausgegangen.
Klientel hat
sich verändert
Also war zum 50. Jubiläum des Platzes Erweitern angesagt. Denn seit 2021 verzeichnet Feldmeier jährliche Steigerungsraten von 20 bis 30 Prozent. „Die Leut‘ sind während der Pandemie auf den Geschmack gekommen und dabei geblieben“, erklärt sie. Dass Familie Feldmeier selbst dazu auch viel beigetragen hat, attestiert ihr Bürgermeister Stefan Adam: Engagement und harter Arbeit sei es zu danken, dass „der Campingplatz über die Jahre zu einem beliebten Ziel für Urlauber und Erholungssuchende wurde.“
Letztes Jahr haben fast 19000 Gäste 41000 Nächte in der Gemeinde Schechen verbracht. „Etwa die Hälfte von ihnen auf dem Campingplatz am Erlensee“, weiß der Bürgermeister. „Zwar können wir damit nicht mit den großen Fremdenverkehrsorten wie Bad Feilnbach, Prien oder Oberaudorf mithalten, aber mit diesen Zahlen ist Schechen zumindest die Tourismushochburg im Rosenheimer Norden“, freut sich der Bürgermeister. Für die „touristischen Camper“, wie Feldmeier diejenigen nennt, die für einige Tage oder einen ganzen Urlaub kommen, gibt es jetzt 24 neue Stellplätze. Die Fläche ist unterbrochen von Hecken und Weidezäunen, „das passt gut in unsere Auenlandschaft.“ Gerade bei dieser Fraktion ihrer Gäste hat sich die Klientel deutlich geändert, sagt Feldmeier. Zum einen sind es viel mehr Wohnmobile als Wohnwagen, die dort seit Saisonbeginn stehen. Aber vor allem sind es viele „Neu-Camper“, auch aus der näheren und weiteren Region, die das Leben im Wohnmobil ausprobieren wollen. Und dabei durchaus Ansprüche stellen, weswegen vor der Platzerweiterung in diesem Jahr schon 2023 eine vorsichtige Erneuerung des Campingplatzes begann.
Beratungsbedarf
bei den „Neuen“
„Die ‚Neuen‘ haben mehr Beratungsbedarf“, sagt Sonja Feldmeier lachend. „Adapter? Hob i ned“, sei eine durchaus häufige Reaktion. Da wird geduldig erklärt, warum der Adapter nötig ist und wo es ihn gibt.
Es ist überwiegend die Generation 50 plus, die den Urlaub mit dem Wohnmobil für sich entdeckt hat. Und es genießt, mit dem Wohnmobil beweglich zu sein und trotzdem das Bett dabei zu haben. „Die sind deutlich kürzer bei uns, oft nur zwei, drei, vier Tage und fahren dann weiter in der Weltgeschichte herum“, erzählt Feldmeier. Wie kommen diese Wohnmobilisten denn überhaupt zum Erlensee? Denn so hübsch der kleine See auch ist, so beliebt das direkt benachbarte Gasthaus – es gibt in der Region spektakulärere Urlaubsorte. „Für uns sind die ‚Rosenheim-Cops‘ ein echter Magnet“, sagt Sonja Feldmeier schmunzelnd.
Aber auch vom gut ausgebauten Radwegenetz im Landkreis profitiert der Campingplatz am Erlensee. Einerseits gibt es Gäste, die für ein paar Tage zum Radeln herkommen. Andererseits sind da die Radurlauber, die mit Zelt im Gepäck unterwegs sind. Die kommen über den Innradweg zum direkt daneben gelegenen Campingplatz. Und sind glücklich, dass die Liegewiese neben der Rezeption mittlerweile zu einem Zeltplatz im Grünen wurde. „Die meisten bleiben nur eine Nacht, radeln am nächsten Tag weiter“, erzählt Sonja Feldmeier. Ab und an käme mal eine Familie für ein paar Tage Zelturlaub.
Übernachtungswiese
als Rettungsanker
Ganz wichtig ist Sonja Feldmeier die „Übernachtungswiese“. Die grenzt direkt an die Parkplätze der Gaststätte an, verfügt weder über Strom- noch über Wasseranschluss. Belebt sein wird sie wohl vor allem an den Sommerwochenenden. Denn dort können all diejenigen ihr Vehikel abstellen, die hundemüde von der Inntal- oder der Salzburger Autobahn kommen, stundenlang im Stau standen und jetzt nur noch schlafen wollen. Dieses „spontane Geschäft“ lassen viele ihrer Kollegen liegen, weiß Feldmeier. „Dabei gibt es da einen echten Bedarf.“
Das habe auch die Gemeinde erkannt, „deswegen sind wir mit unserem Anliegen dort auf offene Ohren und Türen gestoßen.“ Adam sieht es so: „Wir als Gemeinde und der Gemeinderat haben hoffentlich unseren Beitrag geleistet, damit der Campingplatz gut für die Zukunft gerüstet ist und weiter als Ort der Entspannung und des guten Miteinanders bestehen kann.“
Am 20. und 21. Juni ist in fünf Bundesländern letzter Schultag vor den Sommerferien. Wer aus Bremen oder dem nördlichen Niedersachsen kommend in den Kassler Bergen und der Rhön schon im Stau gestanden hat, sich ab Nürnberg dann auch noch mit den Sachsen, Thüringern und Anhaltinern die Autobahn gen Süden teilen muss, der ist beim Blick aufs Navi oder in die App vielleicht ganz froh um den Zwischenstopp am Erlensee. Unter großen Bäumen. Ohne Strom und Wasser. Aber ruhig.
Glamping, die andere
Seite der Medaille
Sonja und Florian Feldmeier kümmern sich – neben ihren Dauercampern – vor allem um diejenigen, die für eine Nacht oder ein paar Tage bleiben. Denen der See, blitzblanke Sanitärräume und Entsorgungsmöglichkeiten für ihre Abfälle ausreichen.
Andere Kollegen setzen auf „Glamping“, also auf Luxuscamping mit Spa, Jacuzzi, edel ausgestatteten Zelten oder Holzfässern. Definitiv ein Trend, selbst der ADAC gibt Tipps, wie man den Campingurlaub zum Glampingurlaub machen kann. Auch in der Region bieten Kollegen Chalets mit zwei Schlafzimmern und zwei Bädern an. Das kostet dann in der Hochsaison auch das Dreifache von einem Komfortstellplatz am Erlensee. „Nicht unsere Klientel“, sagt Feldmeier.
Hochsaison in den
Startlöchern
Was aber nicht heißt, dass nicht auch am Erlensee immer wieder gearbeitet wird. Für Herbst und Winter haben sich die Feldmeiers vorgenommen, die Rezeption nach vorne, an die Schranke zum Campingplatz zu verlegen. Die bisherige Rezeption samt Büro stünde dann zur Erweiterung oder Ergänzung der Sanitärräume zur Verfügung. Konkrete Pläne? Eher Ideen – aber jetzt beginnt ja auch erst mal die Hochsaison.