Bad Feilnbach/Rosenheim – Der Black Friday („Schwarzer Freitag“), ursprünglich in den Vereinigten Staaten der Freitag nach Thanksgiving (fällt immer auf einen Termin vom 22. bis zum 28. November), läutet längst auch hierzulande die Weihnachtseinkaufsaison ein und bereitet dem ein oder anderen Shopping-Liebhaber unruhige Momente.
Die Rabattaktion unzähliger Händler, die etwa auch auf die Black Week oder den Cyber Monday ausgeweitet wird, bietet den Käufern jede Menge Kaufanreize. Doch nicht immer stecken wirkliche Vergünstigungen hinter den Offerten. Und auch wenn vielen Kunden diese Gefahren durchaus bekannt sind, fällt es oftmals schwer, sich bei der Schnäppchenjagd zurückzuhalten. Dies verdeutlicht die psychologische Sicht auf das menschliche Verhalten inmitten diverser Rabattaktionen.
Der Bad Feilnbacher Dr. Axel Koch (57), beruflich unter anderem als Professor an der Hochschule für angewandtes Management in Ismaning tätig, beschäftigt sich in seinen Büchern und Coachings unter anderem mit dem Verhalten von Menschen, die ungewollt in alte Muster zurückfallen. Hierzu hat er unter anderem das Buch „Logbuch Gewohnheiten nachhaltig verändern – Die Technik des Rückfallmanagements“ geschrieben. Das Phänomen, warum sich Menschen bei Schnäppchen nicht zurückhalten können, begründet er mit dem „Belohnungscharakter“, der durch diverse vermeintliche Angebote hervorgerufen wird. „Wir haben plötzlich das Gefühl, einen Vorteil zu haben, einmal richtig absahnen zu können“, sagt Koch.
Er vergleicht dies mit der Ratte im Labyrinth, die den Käse gefunden hat. Zu diesem erlernten Belohnungs-Mechanismus komme hinzu, dass Aktionstage wie der Black Friday von der Industrie über Jahre hinweg ritualisiert wurden, ähnlich wie etwa das Geschäft an Weihnachten oder am Valentinstag. „Wir sind konditioniert auf solche Rabattaktionen“, erklärt der Experte und spricht von durchgeführten Versuchen, bei denen die gleichen Waren mit unterschiedlichen Schildern gekennzeichnet wurden. „Wenn auf einem Schild ‚Schnäppchen‘ und auf dem anderen ‚Super-Schnäppchen‘ steht, dann reagieren die meisten auf Letzteres noch mehr, auch wenn am Ende Letzteres in Wahrheit sogar noch teurer war.“ Hier werde oftmals gar nicht genau nachgerechnet.
Laut Koch sei das Schnäppchenjagen zwar kein Ur-Reflex. „In uns steckt ursprünglich jedoch schon der Reflex, bei Bedrohung wegzurennen und bei Belohnung hinzugehen“, so der Bad Feilnbacher Professor. Allerdings komme es schon auf die individuelle Herangehensweise an. „Für die einen ist beispielsweise ein Keks eine Belohnung, für die anderen kann dieser auch eine Bedrohung für die Figur darstellen.“
Klar ist aber: Bei besagten Rabattaktionen greift die Industrie bewusst auf psychologische Tricks zurück. Einer dieser Tricks sei laut Koch das Prinzip der Verknappung. „Wenn ich weiß, dass es die Produkte zu einem guten Preis nur für kurze Zeit gibt, wird ein besonderer Kaufanreiz geschaffen.“ Ein weiteres sozialpsychologisches Phänomen, welches die Industrie versucht zu nutzen, ist das Prinzip der Nachahmung. „Wenn alle hingehen, will ich auch mitmachen“, erklärt Koch.
Doch der Verhaltens-Experte stellt auch klar, dass man sich durchaus für diverse Rabatt-Tricksereien wappnen könne. Zum einen sei nicht immer klar, ob überhaupt ein finanzieller Vorteil für den Käufer herausspringt, „auch wenn Schnäppchen draufsteht“. Zum anderen gebe es durchaus sinnvolle Herangehensweisen, um sich etwa im Vorfeld des Black Friday etwas zurückhalten zu können. „Ein Tipp wäre, im Vorfeld ein limitiertes Budget zu definieren, das man mit gutem Gewissen ausgeben kann“, rät Koch. Außerdem, gerade wenn einem die eigene Anfälligkeit bewusst ist, könnte es helfen, eine vertraute Person hinzuzuziehen, die ein Auge auf die eigenen Kaufaktivitäten hat.
„Zudem sollte man sich nicht unter Druck setzen lassen, etwa wenn es heißt, dass ein Angebot nur noch zwei Stunden lang besteht“, betont Koch. Eine genaue Prüfung bestimmter Offerten sei gerade dann hilfreich. „Und wenn möglich einfach mal noch eine Nacht drüber schlafen, bevor man zuschlägt.“
Doch wie nimmt eigentlich ein Verhaltensforscher persönlich Black Friday und vergleichbare Aktionen wahr, ist auch er anfällig? „Da ich die angewendeten Mechanismen kenne, nehme ich da oft eher eine Beobachterrolle ein“, schmunzelt Koch und ergänzt: „Ich finde es dann eher interessant, welche Strategie gerade angewendet wird“, so der Professor aus Bad Feilnbach, der im Februar sein neues Buch über das Gewohnheits-Verhalten der Menschen („Morgen fang ich aber wirklich an“) herausbringt.
Verbraucherzentrale
mahnt zur Vorsicht
Generell ist für Kunden bei entsprechenden Rabattaktionen Vorsicht geboten, mahnt die Verbraucherzentrale Bayern. Demnach seien viele Black-Friday-Rabatte kleiner, als sie scheinen. „Verbraucherinnen und Verbraucher sollten deshalb Preise langfristig vergleichen oder über Alternativen nachdenken und Produkte leihen oder gebraucht kaufen“, so die Empfehlung.
Nicolas Bettinger