München/Bruckmühl – Seinen Feierabend hatte sich Sven Neuwirth dann doch etwas anders vorgestellt. Der 56-Jährige war nach einer 24-Stunden-Schicht bei der Feuerwehr gerade auf dem Heimweg von Ottobrunn nach Bruckmühl. Er sei auf der Staatsstraße 2078 unterwegs gewesen, als ihm der Fahrer eines Fiats plötzlich die Vorfahrt nahm. Es kam zum Zusammenstoß, Neuwirth verlor für einen Moment die Orientierung.
„Ich wollte sofort
nach dem anderen Fahrer schauen“
„Bei mir sind alle Airbags aufgegangen, vom vorderen Teil meines Autos ist nicht mehr viel übrig geblieben“, erinnert er sich. Kurz nach dem Unfall stieg er aus seinem Audi, versuchte, sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen. „Ich wollte sofort nach dem anderen Fahrer schauen“, sagt er. Zu diesem Zeitpunkt sei der Fiat bereits in Brand geraten.
Für den 56-jährigen Berufsfeuerwehrmann sei sofort klar gewesen, dass er eingreifen muss. Er klopfte an die Scheibe, versuchte, die Fahrertür des Fiats zu öffnen. „Die war aufgrund des Unfalls aber total verkeilt“, erinnert sich Neuwirth. Er sei auf die Beifahrerseite gelaufen, dort habe sich die Tür öffnen lassen. Er sei ins Auto geklettert, habe schnell festgestellt, dass der Fahrer des Fiats nicht ansprechbar war.
„Der Brand hat sich immer weiter ausgeweitet“, sagt er. Er habe versucht, den 60-Jährigen aus dem Auto zu ziehen. Weil dessen Fuß aber zwischen Gas und Kupplung eingeklemmt war, habe das jedoch nicht sofort geklappt. „Ich hab den Fuß befreit und ihn dann mit aller Gewalt aus dem Auto gezogen“, beschreibt der Feuerwehrmann die Situation. Anschließend habe er ihn zehn Meter weit vom Auto weggeschleppt.
Währenddessen hielten zwei weitere Autofahrer an der Unfallstelle an. Sie verständigten Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst, kümmerten sich anschließend um den 60-jährigen Mann aus dem Landkreis München. Kurze Zeit später trafen die Einsatzkräfte ein. Die Feuerwehr übernahm die Löscharbeiten, der Rettungsdienst die beiden Verletzten.
„Der 60-Jährige ist dann langsam wieder zu sich gekommen“, erinnert sich Neuwirth. Er musste notoperiert werden, scheint aber nicht mehr in Lebensgefahr zu schweben, wie er erfuhr. Sven Neuwirth geht es den Umständen entsprechend gut. Nach drei Stunden durfte er das Krankenhaus verlassen. Er habe Prellungen im Brustbereich, sein linkes Knie ist geschwollen. Trotzdem hat er Glück gehabt.
„Wäre ein absolutes
Horrorszenario gewesen“
„Es hätte alles viel schlimmer ausgehen können“, sagt er am Telefon. Beispielsweise dann, wenn er es nicht geschafft hätte, den 60-Jährigen aus dem brennenden Fahrzeug zu ziehen. „Das wäre ein absolutes Horrorszenario gewesen“, sagt Neuwirth. Als Feuerwehrmann und Rettungssanitäter habe er aber glücklicherweise gewusst, was zu tun ist. „Man weiß beispielsweise, dass auch ein brennendes Auto nicht explodieren kann und man einen gewissen Zeitraum zur Verfügung hat, um jemanden aus einem Fahrzeug rauszuholen“, sagt er.
Er habe in dem Moment auch überhaupt nicht darüber nachgedacht, was alles hätte passieren können. „Ich wusste, dass ich handeln muss, ansonsten wäre er im Auto gestorben“, sagt er. Während seiner über 40-jährigen Tätigkeit bei der Feuerwehr sei er immer wieder mit brenzligen Situationen konfrontiert gewesen. Er erzählt von schweren Verkehrsunfällen und schweren Bränden. Er selbst sei jedoch noch nie in einen Unfall verwickelt gewesen.
„Für mich war es eine Selbstverständlichkeit“, unterstreicht der Bruckmühler. Lob für seinen Einsatz gibt es trotzdem. Unter anderem von der Münchener Unfallhilfe der Johanniter. Auf ihrem Facebook-Profil bezeichnen sie Neuwirth als Lebensretter. So sei bereits ein Hubschrauber für den Transport eines Patienten mit schweren Brandverletzungen angefordert worden. Dieser konnte jedoch – dank Sven Neuwirth – wieder abdrehen.
Die Münchener Verkehrspolizei habe die Ermittlungen übernommen. Den Schaden schätzt sie auf mehrere zehntausend Euro.