Rosenheim – Während Nachrichten aus Deutschland und aller Welt fast überall zugänglich sind, liefert nur der Lokaljournalismus die wichtigsten Neuigkeiten und Hintergründe aus der eigenen Kommune, aus der direkten Region. Welche Veranstaltung bewegt die Rosenheimer? Welches Bauprojekt polarisiert die Menschen im Chiemgau? Welche Verkehrsprobleme hat das Mangfalltal? Um die Bedeutung dieser redaktionellen Arbeit, die vor der Haustüre der Leser stattfindet, hervorzuheben, setzen wir auf guten Lokaljournalismus – und feiern diesen erstmals in einem besonderen Aktionstag am 15. Mai. Doch wie sieht eigentlich die Arbeit eines Reporters aus? Ein Beispiel von Nicolas Bettinger aus der Lokalredaktion in Bad Aibling.
Zugegeben, nicht jeder Tag als Reporter ist gespickt mit besonderen Erlebnissen und spektakulären Geschichten. Es gibt sie, diese aufregenden Tage. Der gewöhnliche Ablauf in der Redaktion ist jedoch von vielen Telefonaten, Videokonferenzen und Mails geprägt. Doch hinter alldem steckt stets das Ziel unserer Redaktion, die Themen der Region aufzugreifen, die die Menschen besonders bewegen, sie direkt betreffen und sie emotional berühren. Doch wie kommen diese Themen eigentlich zum Leser?
Mein Tag beginnt, mit etwas Glück – vor allem, wenn es die Kinder zulassen – nicht vor 6 Uhr morgens. Nach einigen familiären Verpflichtungen, viel Kaffee und einem nicht immer reibungslosen Arbeitsweg schlage ich schließlich in der Lokalredaktion in Bad Aibling auf, in der nette Kollegen, Mails und Post auf meinem leicht chaotisch anmutenden Schreibtisch warten. Doch am Ende des Tages sind es vor allem die Begegnungen mit den verschiedensten Menschen, die den Job eines Reporters wirklich ausmachen. Davon gibt es glücklicherweise sehr viele, und so eine Arbeitswoche hält dabei zahllose Gespräche bereit.
Die Begegnungen
sind Kern des Jobs
Und natürlich bleiben oft die prominenten Namen im Gedächtnis haften. Eben wie meine Begegnung mit Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder, der in Bad Aibling einen millionenschweren Schulneubau mit einem kuriosen Auftritt und dem ein oder anderen Schnapsglas, das er unter anderem mit Aiblings Bürgermeister Stephan Schlier leerte, eröffnete.
Gerne erinnere ich mich auch an mein Treffen mit Muskelpaket und Hollywoodstar Ralf Möller, der in Kolbermoor ein Fitnessstudio besuchte und mit mir dabei einen nicht ganz fairen Bizeps-Vergleich anstellte. Der Tag machte mir deutlich, dass ich mit der Fitness eines fast doppelt so alten Mannes, der insbesondere durch seine Schauspielrolle im Monumentalfilm „Gladiator“ bekannt wurde, bei Weitem nicht mithalten konnte.
Doch Begegnungen wie diese liefern Geschichten, die wir als Reporter gerne in Texte umwandeln und sie somit direkt unseren Lesern näher bringen.
Doch neben prominenten Persönlichkeiten, wie etwa dem Weltrekord-Slackliner Friedi Kühne aus Bad Aibling, der in atemberaubender Höhe auf einem gespannten Seil zwischen zwei schwebenden Heißluftballons balanciert, sind es vor allem die vermeintlich „normalen“ Menschen in der Region, die unsere Arbeit im Lokaljournalismus ausmachen.
Im Zentrum sind die Menschen der Region
Vom Austausch mit etlichen Bürgermeistern, Stadt- und Gemeinderäten bis hin zu Vereinsmitgliedern – sie alle liefern Geschichten, über die wir berichten. Sei es das umstrittene Bauprojekt, die erfolgreiche Sportlerin, die ihrem Heimatdorf immer treu geblieben ist, oder die engagierten Bürger, die gegen Ungerechtigkeiten auf die Straße gehen. Und so verbringe ich als Lokalreporter nicht nur viel Zeit im Büro und klopfe auf die Tastatur. Ich sitze auch Stunden in Stadtratssitzungen, treffe Polizeibeamte an Unfallorten oder tausche mich mit Lesern über Themen aus, die zum echten Aufreger in der Gesellschaft geworden sind.
Und manchmal sind es dann auch die vermeintlich kleineren Geschichten, die wir zu unserer Leserschaft transportieren wollen. Weil sie eben für die Menschen vor Ort, und sei es nur für die Bewohner eines kleinen Dorfes, von großer Bedeutung sind.
Etwa die scheinbar unendliche Posse über ein Ortsschild in einem Aiblinger Ortsteil, dessen Standort nicht nur die Gemüter erhitzt, sondern auch über Gefahr und Sicherheit im Verkehr entscheidet. Oder der Streit zwischen Hundebesitzern, die nach einem bissigen Aufeinandertreffen beide mit unserer Redaktion sprechen wollten. Auch die schweren Schicksalsschläge, etwa das zurückgelassene Findelkind in Bad Aibling oder das Tierdrama mit mehreren toten Rindern auf einem Aiblinger Hof, gehen an uns Reportern nicht spurlos vorüber.
Mitunter ist man sich an einem Arbeitstag, der etwa mit einer Baustellenbesichtigung beginnt und in einer abendlichen Gemeinderatssitzung endet, auch nicht immer mit allen Menschen einig. Seien es Leser, Lokalpolitiker oder Betroffene. Doch einer Meinung sind sich meist alle darüber, wie wichtig eine lokale Berichterstattung vor Ort ist.
Und so bin ich als Reporter gerade nach aufregenden Begegnungen und intensiven Gesprächen froh, wenn mein Tag, mit etwas Glück – vor allem, wenn es die Kinder zulassen – irgendwann zu Hause in Ruhe zu Ende geht.