Vorwurf des Amtsmissbrauchs

von Redaktion

Großkarolinenfelder beschuldigt Landratsamt – Petition an Landtag

Großkarolinenfeld Matthias Schnurr aus Großkarolinenfeld ist sich sicher: Er hat alles richtig gemacht. Im Oktober 2023 ließ sich der 42-Jährige den Abriss eines alten Bauernhauses zugunsten des Neubaus eines Zweifamilienhauses im Ortsteil Tattenhausen genehmigen. Mit in die Planung aufgenommen und genehmigt waren drei integrierte Stellplätze sowie einer im Freien. 2024 ließ er das alte Haus abreißen. Den Neubau des Hauses ließ er noch ruhen. In dieser Zeit änderte Schnurr seine Pläne. „Ich wollte stattdessen ein wesentlich kleineres Einfamilienhaus bauen“, erklärt er.

Spontane Planänderung

In Eigenregie begann er, die Bodenplatten einzulassen. Aber nicht für das genehmigte Zweifamilienhaus, sondern für ein KfW-40-Fertighaus in Holzbauweise – für eine Familie. In dieser Zeit habe sich bereits Ärger angebahnt: erst mit den Nachbarn wegen falscher Grundstücksgrenzen und Problemen mit der Grundsteuer. „Dann kam die Gemeinde unangekündigt und ohne Erlaubnis zur Kontrolle auf mein Grundstück“, sagt Schnurr. Einige Tage später auch das Landratsamt, berichtet er.

Anfang 2025 schloss er die Arbeiten an den Bodenplatten ab, im Februar 2025 wurde laut Schnurr der Fertigbau innerhalb von sechs Wochen fertiggestellt. „Jetzt fehlt nur noch der Innenausbau“, erklärt der Großkarolinenfelder auf Nachfrage des OVB. Im März 2025 erreichte ihn dann ein Schreiben des Landratsamtes: Bei einer Kontrollfahrt sei festgestellt worden, dass augenscheinlich nicht das Haus gebaut wird, das sich Schnurr im Oktober 2023 hat genehmigen lassen. „Zwar wurden im April 2024 dem Landratsamt entsprechende Skizzen zum geänderten Gebäude vorgelegt, jedoch wurde bisher kein neuer beziehungsweise geänderter Bauantrag vorgelegt“, heißt es in dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt. Schnurr wird in diesem Zuge aufgefordert, umgehend den Tekturantrag nachzureichen. Sollte er dies bis zum 1. April 2025 nicht getan haben, drohe ihm ein Baustopp. Und genau darin sieht der Großkarolinenfelder das Problem. „Ich habe mir mündlich von einem Sachbearbeiter zusagen lassen, dass ich ohne Weiteres kleiner bauen kann. Der Tekturantrag sei eine reine Formsache.“

Das Telefonat soll laut Schnurr am 19. April 2025 stattgefunden haben. Dabei habe Schnurr dem Sacharbeiter auch mitgeteilt, dass er bereits Mitte Juni 2024 einen Tekturantrag bei einem Architekten in Auftrag geben ließ. Dieses sei aber aufgrund von Überlastung bisher nicht fertig.

Gegen das Schreiben und die Androhung des Baustopps vom Landratsamt legte er Widerspruch ein. „Ich kenne kein Gesetz, das es verbietet, kleiner zu bauen, wenn man eine Genehmigung für einen größeren Bau hat“, sagt Schnurr. Gleichzeitig wirft er dem Landratsamt Rosenheim Amtsmissbrauch und widersprüchliches Verhalten vor – und wandte sich gleichzeitig mit einer Petition an den Bayerischen Landtag.

Doch wie ist die Rechtslage? Auf Nachfrage des OVB bestätigt das Landratsamt den Eingang der Petition. „Inzwischen wurde das Landratsamt Rosenheim auch vom Ministerium zu einer Stellungnahme aufgefordert“, erklärt Pressesprecherin Simone Beigel. Dazu wolle man sich aber nicht weiter äußern. Zum Baurecht jedoch äußerte sich das Landratsamt nach wiederholter Nachfrage aber dann doch. „Eine Baugenehmigung gilt genau für das genehmigte Bauvorhaben in der eingereichten Form. Selbst ein kleineres Bauvorhaben kann nicht genehmigungsfrei errichtet werden“, sagt Pressesprecherin Sibylle Gaßner-Nickl. Das heißt: Wenn ein Bauherr statt des genehmigten Hauses ein kleineres Gebäude errichten möchte, muss er eine neue Baugenehmigung beantragen. Ausgenommen und damit verfahrensfrei seien etwa eine Garage oder ein Gartenhaus.

Damit das Bauamt prüfen kann, ob ein geändertes Bauvorhaben genehmigungsfähig ist, müsse der Bauherr einen neuen Antrag einreichen – und zwar noch vor Baubeginn. „Andernfalls riskiert der Bauherr rechtliche Konsequenzen, wie einen Baustopp und schlimmstenfalls eine Rückbauanordnung, da es sich um ein baurechtswidrig errichtetes und somit formell illegales Gebäude handelt“, so die Pressesprecherin.

Antrag
muss vorliegen

Großkarolinenfelds Bürgermeister Bernd Fessler zeigt sich bei Schnurrs Vorwürfen gegen die Gemeinde zurückhaltend. „Die Genehmigung des geänderten Bauvorhabens liegt beim Landratsamt und nicht der Gemeinde“, erklärt er auf Nachfrage. Gleichzeitig stellt er jedoch klar: „In diesem Fall wird öffentliches Recht mit privatem Recht vermischt.“ Denn nur weil Schnurr einen Architekten beauftragt hat, der nicht fertig wird, müsse das eine Behörde nicht akzeptieren. Dieser Umstand sei ärgerlich. Entbinde ihn aber nicht von der Pflicht, eine Baugenehmigung zu beantragen. „Weder das Landratsamt noch die Gemeinde Großkarolinenfeld sind dafür verantwortlich, ob ein Architekt schnell oder langsam arbeitet“, sagt Fessler.

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