Feldkirchen-Westerham – Die Entscheidung ist gefallen. Der erneute Eilantrag der Gemeinde Feldkirchen-Westerham gegen die geplante staatliche Flüchtlingsunterkunft wurde vom Verwaltungsgericht München abgelehnt. Die Gemeinde bekam den Beschluss am 10. Juli mitgeteilt. Damit können die aktuell stillgelegten Bauarbeiten vor Ort ab sofort wieder beginnen. „Wir respektieren diese Entscheidung, sehen jedoch weiterhin erheblichen rechtlichen Klärungsbedarf“, sagt Bürgermeister Johannes Zistl.
Bauarbeiten
zunächst gestoppt
Das Thema rund um die geplante und umstrittene Flüchtlingsunterkunft in Feldkirchen-Westerham geht damit in eine weitere Runde. Die Bürger der Gemeinde wurden Mitte April 2024 vom Landratsamt Rosenheim darüber informiert, dass an der Walter-Gessner-Straße eine Containerwohnanlage für bis zu 160 Flüchtlinge gebaut werden soll. Seitdem ist viel passiert. Nicht auf der Baustelle, sondern gerichtlich.
Nur wenige Tage nach der Bekanntgabe durch das Landratsamt Rosenheim versuchte die Kommune, die Unterkunft in der geplanten Form durch baurechtliche Entscheidungen zu verhindern. Das scheiterte zunächst und so reichte die Gemeinde eine Klage beim Verwaltungsgericht München ein. Während die Gemeinde auf den Verhandlungstermin wartete, begannen auf dem Grundstück allerdings schon die Erdarbeiten. Ganz unerwartet. Die Gemeinde Feldkirchen-Westerham reichte deshalb einen Eilantrag gegen die Baugenehmigung beim Gericht ein.
Dieses erachtete den Eilantrag im Dezember 2024 als zulässig, weil die Baugenehmigung einen Verfahrensfehler enthielt. Damit wurden die Bauarbeiten vorerst gestoppt, das Landratsamt Rosenheim korrigierte den Fehler und erteilte eine neue Baugenehmigung. Doch auch hier reichte die Gemeinde einen Eilantrag bei Gericht ein.
Nutzungsdauer nun
eindeutig definiert
Und erneut bekam Feldkirchen-Westerham wieder recht, da das Gericht der Meinung war, dass die Gemeinde in ihren Rechten verletzt wurde. So habe das Gericht einen formellen Fehler festgestellt, da die konkrete Nutzungsdauer in der erteilten Baugenehmigung nicht eindeutig definiert war. „Dadurch hätte die Planungshoheit der Gemeinde unter Umständen über die beantragte Nutzungsdauer hinaus eingeschränkt werden können“, teilt die Gemeinde damals mit.
Die Baugenehmigung wurde vom Landratsamt Rosenheim wieder einmal aufgehoben. Am 7. Mai erteilten sie erneut die Genehmigung für den Neubau von drei Containergebäuden zur Unterbringung von Flüchtlingen. Befristet auf zehn Jahre. Auch hier ging die Gemeinde dagegen juristisch vor. Sie reichte sowohl eine Klage als auch einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht München ein. „Die Gemeinde hatte den Eilantrag gestellt, um zu erreichen, dass der Bau der Unterkunft zunächst nicht erfolgen kann – also die aufschiebende Wirkung unserer Klage gegen die Baugenehmigung des Landratsamtes Rosenheim vom 7. Mai angeordnet wird“, so Zistl. Doch dem Eilantrag wurde diesmal nicht stattgegeben.
Das bedeutet, dass der Investor nun mit der Umsetzung des Baus der Unterkunft weitermachen darf. Trotz der bestehenden rechtlichen Einwände der Gemeinde. „Die geplante Nutzung ist nicht auf eine vorübergehende kurzfristige Notsituation beschränkt, sondern soll über einen Zeitraum von zehn Jahren erfolgen“, erklärt der Bürgermeister. „Damit hat das Vorhaben erhebliche städtebauliche Auswirkungen und greift tief in die Planungshoheit und die kommunale Selbstverwaltung der Gemeinde ein.“
Doch wie soll es nun weitergehen? Die Gemeinde Feldkirchen-Westerham teilt mit, dass ihre Rechtsanwaltskanzlei am 17. Juli Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt hat. „Ziel ist es, gerichtlich klären zu lassen, ob bei einer derart langfristigen Nutzung im Verfahren nach Paragraf 246 Absatz 14 des Baugesetzbuchs nicht doch die kommunalen Belange stärker berücksichtigt werden müssen“, erklärt Johannes Zistl. Sollte die Gemeinde dabei recht bekommen, würde das den Beschluss des Verwaltungsgerichts München aufheben und die aufschiebende Wirkung werde gleichzeitig angeordnet. Bedeutet, dass dann vorerst keine Unterkunft kommen wird, bis eine abschließende Entscheidung in der Hauptsache getroffen wurde.
Das wiederum bedeutet, dass aktuell zwei juristische Verfahren laufen. „Während wir einerseits weiterhin auf einen Verhandlungstermin im Hauptsacheverfahren warten, läuft nun gleichzeitig eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zum Eilantrag“, so Zistl.
Doch solange hier noch keine Entscheidung getroffen wurde, gilt die Baugenehmigung. Der Rathauschef ist sich sicher, „dass es an der Baustelle in Kürze weitergeht“. Sollte die Gemeinde in der nächsten Zeit im Hauptverfahren recht bekommen und damit die Baugenehmigung wieder aufgehoben werden, „wäre später gegebenenfalls ein Rückbau der bis dahin errichteten Gebäude auf Kosten des Bauwerbers fällig.“
Was der Rathauschef nach wie vor klarstellen möchte, ist, dass die Gemeinde die Verantwortung, Flüchtlinge aufzunehmen, annimmt. Bei der Klage gehe es nicht gegen die Unterbringung der Flüchtlinge in der Gemeinde. Es gehe allein um die geplante Größenordnung der Unterkunft am Standort Walter-Gessner-Straße. Die Unterkunft sei überdimensioniert.
Deshalb habe die Gemeinde schon im Frühjahr 2024 – mit dem Beginn des Projektes – dem Landratsamt angeboten, gemeinsam nach einer Alternative zu suchen, um 160 Geflüchtete unterzubringen. „Dabei ging es ausdrücklich nicht nur um neue Bauprojekte, sondern auch um die Prüfung von Bestandsimmobilien, mögliche Zwischennutzungen von Leerständen und Brachflächen für kleinere dezentrale Unterkünfte im ganzen Gemeindegebiet“, so Zistl. „Die Gemeinde befürwortet seit jeher eine gleichmäßigere Verteilung innerhalb der Kommune statt einer konzentrierten Großunterbringung.“
Für konstruktive
Gespräche offen
Auch sei man weiterhin offen für konstruktive Gespräche mit dem Landratsamt. Die Gemeinde wolle Geflüchtete aufnehmen, „aber nur in einem Maß, das für alle Beteiligten tragbar ist.“ „Ziel bleibt eine menschenwürdige und integrationsfördernde Unterbringung, die gleichzeitig mit der Infrastruktur und den Kapazitäten der Kommune in Einklang steht“, erklärt der Rathauschef. Aktiv sei die Gemeinde allerdings nicht auf der Suche nach einer Lösung. Denn dazu bräuchte es eine Zusage des Landratsamts, dass alternative Unterbringungen nicht zusätzlich, sondern anstelle von der großen Anlage belegt werden. Um das aber realisieren zu können, müsse die Baugenehmigung erst zurückgenommen oder ausgesetzt werden.