Bad Feilnbach – Seit dem Überfall russischer Truppen am 24. Februar 2022 herrscht Krieg in der Ukraine. Die erbitterten Kämpfe lösten in den Anfängen eine ungeahnte Flüchtlingswelle aus. Vor allem Frauen und Kinder aus den östlichen und südöstlichen Teilen des geschundenen Landes suchten – oft nur mit dem Nötigsten am Körper – in Richtung Westen zu entkommen.
In der Gemeinde
gut aufgenommen
Daran erinnert sich Olena Tanasevych, die am 19. März 2022 ihre Heimat Tscherkassy, etwa 160 Kilometer südöstlich von Kiew am Krementschuker Stausee gelegen, zusammen mit vielen anderen Landsleuten verlassen musste. In der Gemeinde Bad Feilnbach wurden sie von Menschen mit guten Herzen aufgenommen, erhielten eine Bleibe und wurden, so gut es ging, integriert. Einige fanden etwa als Fachkräfte in der Region Arbeit.
Nach gut dreieinhalb Jahren verlässt die 52-jährige Brückenbauerin, Dolmetscherin und Bindeglied schweren Herzens die Gemeinde Bad Feilnbach in Richtung ihrer angestammten Heimat. In einem kleinen Rahmen erinnerten, verbunden mit einem innigen Dankeschön, Bürgermeister Max Singer sowie Eugen Thierauf, Josef Rauscher, Michael Stumpf und Sonja Opitz vom Verein „Ukrainehilfe Bad Feilnbach“, an eine wertvolle schöne Zeit mit Olena Tanasevych. Maßgebend für ihre Entscheidung sind ihre betagten und pflegebedürftigen Eltern sowie das Heimweh ihrer zwölfjährigen Tochter Polina nach Land, Stadt, Freundinnen und Kameraden in Tscherkassy. Die Gemeinde Bad Feilnbach und die darin lebenden Menschen seien für sie ein „wahrer Glücksfall“ gewesen, sagte die ausgebildete Pädagogin mit exzellenten Deutschkenntnissen. Vor allem habe sie die ungeahnte Hilfsbereitschaft zum damaligen Zeitpunkt und die von Herzen kommenden Geld- und Sachspenden geschätzt. Sämtliche dringend benötigten Hilfsgüter erreichten unter schwierigen und gefährlichen Bedingungen sicher und heil das Ziel Tscherkassy.
Wie Eugen Thierauf ergänzte, absolvierten Fahrzeuge und Transporter gut 30000 Kilometer Fahrten zwischen Bad Feilnbach, Lviv (Lemberg), Tscherkassy und der Gemeinde Moschny. Gut 10000 Kilometer bewältigten Mitglieder der Ukrainehilfe mit Privatfahrzeugen oder mit dem Gemeindebus für Fahrten ukrainischer Neubürger innerhalb der Gemeinde zu Ärzten, Behörden und Ämtern im Landkreis Rosenheim.
Besonders hart traf die Nachricht von Tanasevychs Weggang Veronika Gasteiger vom gemeindlichen Sozialamt. Zwischen beiden Frauen ist eine innige Freundschaft entstanden. Olena und ihre ruhige Ausstrahlung sowie ihr Engagement und Einsatz als „Brückenbauerin“ hinterlassen Lücken, wie Gasteiger mit Verweis auf eine schöne Zeit mit neuen Erkenntnissen betonte. Unvergessen bleibe aber auch mancher Ärger mit einigen Behörden wie dem Job-Center oder dem Rosenheimer Landratsamt, unter anderem verursacht durch unvermeidbare Sprachbarrieren. Manches bedurfte reichlich an Geduld und habe auch auf Anhieb nicht geklappt, so Gasteiger.
Mit Herz und Menschlichkeit
Tanasevychs markante Eigenschaften waren ihr Herz und ihre Menschlichkeit, die besonders auch Kinder und Schüler, etwa in der Mittagsbetreuung oder bei ihrer Tätigkeit als Lehrkraft an der Auer Grundschule und Bad Feilnbacher Leo-von-Welden-Schule schätzten. Nach eigenen Angaben ist für die Ukrainerin, auch mit Rücksicht auf Tochter Polina, der Zeitpunkt gekommen, heimzufahren – auch wenn Gefahren, sich frei zu bewegen, größer geworden sind. Die Beziehung zur Ukraine und Heimat lebt weiter und soll unter der Devise „Unser Schicksal ist die Freiheit“ nicht verloren gehen, so Tanasevych abschließend. Bad Feilnbach will sie nicht missen und wieder besuchen – als „Urlauberin“ und nicht als Flüchtling.