Bad Aibling – Am Ende fiel die Entscheidung recht deutlich aus, doch zufrieden waren beileibe nicht alle. Der Verkehr durch Bad Aiblings Kirchzeile, der sich in den vergangenen Jahren zusätzlich durch die Großbaustelle des Lichtspielhauses verschärft hat, bot während der jüngsten Stadtratssitzung hitzigen Diskussionsstoff. Ist es dort zu eng, zu unübersichtlich, schlicht zu gefährlich? Um mögliche Gefahren des immer größer werdenden Verkehrsaufkommens zu minimieren, hatten die Grünen zuletzt mit einem Vorstoß die Sperrung der Kirchzeile für den Lkw-Durchgangsverkehr gefordert. Ein Antrag, über den das Gremium nun abschließend entscheiden musste.
Doch die Vorzeichen standen von Beginn an auf Ablehnung. „Nicht falsch verstehen, wir haben alle das gleiche Ziel“, sagte Bürgermeister Stephan Schlier (CSU) in Richtung Grünen-Stadtratsfraktion, ergänzte jedoch: „Wir haben hier aber gar keine rechtliche Möglichkeit.“ Damit fasste er die Situation grob zusammen, nachdem sich zuvor die örtliche Polizei, das Landratsamt und das Aiblinger Ordnungsamt gegen die Forderung ausgesprochen hatten.
Während die Polizeiinspektion Bad Aibling etwa auf das „sehr geringe“ Unfallgeschehen im Zusammenhang mit Lkw in der Kirchzeile hinwies, befürchtet das Landratsamt unter anderem durch die Sperrung eine problematische Verkehrsverlagerung auf die umliegenden Kreisstraßen.
Grüne fühlen sich
missverstanden
Noch entscheidender: „Da der obere Teil der Kirchzeile in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamts Rosenheim fällt, spricht sich die Straßenverkehrsbehörde der Stadt Bad Aibling gegen den Antrag – und damit gegen eine Sperrung der Kirchzeile für den Lkw-Durchgangsverkehr – aus“, lautete die Stellungnahme der Stadtverwaltung zum Grünen-Antrag. Da man hier also nicht zuständig sei, „müssen wir uns dem Landratsamt beugen“, ergänzte Ordnungsamtsleiter Martin Haas. Doch diese Sichtweise stieß erneut auf Unverständnis bei den Grünen.
„Wir haben immer noch den Eindruck, dass unsere wesentlichen Punkte hier nicht berücksichtigt werden“, erklärte Fraktionsvorsitzende Martina Thalmayr. So gehe es nicht um ein generelles Lkw-Verbot, sondern um eine gezielte Maßnahme. Hiervon wären weder der Lieferverkehr, noch der Zugang für Anwohner und Gewerbetreibende betroffen. „Unser Anliegen ist es, die Innenstadt vom überregionalen Transitverkehr zu entlasten, der weder Ziel noch Ursprung in Bad Aibling hat“, so Thalmayr.
Während Polizei und Landratsamt mit der nicht vorhandenen „besonderen Gefahrenlage“ argumentierten, werde laut Thalmayr übersehen, dass die gesetzliche Lage „ausdrücklich verkehrsbeschränkende Maßnahmen in Heilbädern und Kurorten wie Bad Aibling ermöglicht, um Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr zu vermeiden“. Die „Karte Kurort“ sollte man deshalb spielen und den Spielraum nutzen.
Thalmayr: „Es geht auch nicht nur um Unfallstatistiken, sondern auch um das Erleben der Menschen vor Ort.“ Ebenso lasse sich der befürchtete „kleinräumige Ausweichverkehr“ mit frühzeitiger, großräumiger Beschilderung klarer Alternativrouten problemlos vermeiden. Und, so die Grünen: Geeignete Strecken seien vorhanden. Denn mit der Fertigstellung der B15 neu – laut Thalmayr „Daniela Ludwigs Prestigeprojekt“ – ergebe sich die „historische Chance“, mit einer weiträumigen Umleitung des Verkehrs zu einer wirklichen Entlastung zu kommen.
Doch mit diesen Argumenten ernteten die Grünen nicht nur Verständnis. Laut Markus Stigloher (CSU) sei der Vorstoß ein typischer Grünen-Antrag. „Hier wird wieder versucht, über Ecken die Wirtschaft zu traktieren.“ Zudem sei es nicht gerecht, die Verkehrslast einfach auf andere Gemeinden zu verlagern. Gerlinde Deininger („dieBasis“) hielt dagegen, lobte den Antrag der Grünen und betonte, dass Wirtschaft nicht nur aus Schwerlastverkehr bestehe. „Wir haben in Bad Aibling, gerade in der Kirchzeile, auch kleine Gastronomien, die ebenfalls unter dem Lkw-Verkehr leiden.“ Zudem sollte man nicht jede Ablehnung des Landratsamtes Rosenheim sofort hinnehmen.
Klare Absage
für den Antrag
Keine Chance für den Antrag sah Richard Lechner (SPD), für den es „aussichtslos“ sei, hier gegen das Landratsamt zu argumentieren. Ähnlich äußerte sich Parteikollegin Petra Keitz-Dimpflmeier, die der Forderung juristisch gesehen keine Möglichkeiten einräumte, wenngleich sie den Vorstoß eigentlich als „sehr sympathischen Herzens-Antrag“ bezeichnete. Ähnlich wie Kirsten Hieble-Fritz (ÜWG), für die hierbei „auf jeden Fall zwei Herzen in der Brust schlagen“. Andreas Winhart (AfD) wiederum habe in der Kirchzeile über lange Zeit „keinen einzigen Sattelzug gesehen“, weshalb er das Problem erst gar nicht erkenne. Und auch laut Christian Schönberger (CSU) seien in der Kirchzeile „fast keine Sattelschlepper“ unterwegs. Hierzu betonte auch Rudi Gebhart (ÜWG), der im Vorfeld extra mit Speditionen gesprochen habe, „dass freiwillig kein Fünfachser durch Aibling durchfährt“.
Allesamt Meinungen, die die Grünen während der Sitzung teils mit Verwunderung aufnahmen. Irene Durukan etwa verwies nochmal auf den zunehmenden Verkehr, in dem die „Lkw des Landkreises durch Aibling durchdonnern“. In Richtung Stigloher sagte sie: „Wir sind in erster Linie unseren Aiblinger Bürgern verpflichtet“, was auch Grünen-Kollege Richard Lindl unterstrich: „Wir haben dafür vor Jahren einen Eid geleistet.“ Würde das Stadtratsgremium bei diesem Thema geschlossen auftreten, dann müsste das Landratsamt auch reagieren. Und Anita Fuchs war es ein Rätsel, warum man den Status als Kur- und Heilbad seitens des Stadtrates nicht mehr pflegen und betonen wolle.
Doch die Mühen waren letztlich vergeblich. Das Gremium entschied sich mit 17:7 Stimmen gegen den Antrag. Eine Sperrung des Lkw-Durchgangsverkehrs in der Aiblinger Kirchzeile ist damit vom Tisch.