Bad Aibling – Der Streit um die Positionierung des Ortsschildes an der Staatsstraße 2089, das den Ortsanfang von Mietraching markiert, geht in eine neue Runde. Das Landratsamt Rosenheim lehnt eine von der ÜWG-Fraktion im Stadtrat und dem Aiblinger Bürger Herbert Schleibinger geforderte Versetzung der Tafel um etwa 100 Meter nach Süden in Richtung Texaskreisel mit Hinweis auf die geltende Rechtslage weiterhin ab. Schleibinger fasst jetzt eine Beschwerde beim Bayerischen Innenministerium ins Auge und will notfalls auch den ADAC einschalten.
Schleibingers Ziel
ist mehr Sicherheit
Mit ihrem Antrag zur Versetzung des Schildes wollte die ÜWG vor allem mehr Sicherheit im Bereich einer Überquerungshilfe schaffen, die die Staatsstraße auf Höhe einer Zufahrt zum Sportpark im B&O-Gelände kreuzt. „Der Überquerungsweg ist in keiner Weise gekennzeichnet oder gesichert. Hinweisschilder fehlen gänzlich“, begründete ÜWG-Stadtrat Dieter Bräunlich den Vorstoß der Überparteilichen Wählergemeinschaft, als sich das Gremium im Sommer vergangenen Jahres mit dem Thema befasste.
Geht nicht
an beliebiger Stelle
Der Hintergedanke: Befände sich das Ortsschild vor dem Überweg, würde an dieser Stelle statt der bisher erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 Kilometern pro Stunde automatisch eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 50 km/h erfolgen. „Damit wäre eine deutliche Entschärfung der Situation erreicht“, so Bräunlich, der selbst in Mietraching wohnt. Das Landratsamt teilt auf eine schriftliche Anfrage der OVB-Heimatzeitungen mit, dass Ortsschilder nicht an beliebigen Stellen aufgestellt werden könnten, sondern in der Regel dort platziert werden müssten, „wo die geschlossene Bebauung des jeweiligen Ortes für die ortseinwärts Fahrenden erkennbar beginnt und die an der Straße liegenden Grundstücke innerhalb der geschlossenen Bebauung von der Straße her erschlossen werden“. Dies seien rechtliche Vorgaben, die nicht zur Disposition der Straßenverkehrsbehörden stünden, so die Kreisverwaltungsbehörde.
Was den konkreten Fall betreffe, beginne die geschlossene Bebauung, aus Richtung Texaskreisel kommend, nicht bereits auf Höhe der Otto-Wels-Straße, sondern erst zwischen der Querungshilfe und dem Kreisverkehr. Aus diesem Grund befinde sich das Ortsschild erst nach der Querungshilfe. Das Landratsamt erkennt auch keine „erhebliche Gefahrenlage“ an dieser Stelle, die nach den gesetzlichen Vorgaben Voraussetzung für eine Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf unter 70 km/h wäre. Seit Errichtung der Querung im Jahr 2021 sei dort kein einziger Unfall mit Fußgängern oder Radfahrern registriert worden.
„Es liegen auch keine anderen Umstände vor, die die Annahme einer erheblichen Gefahrenlage begründen könnten“, schreibt die Behörde in ihrer Stellungnahme. Eine Sichtweise, die Herbert Schleibinger in der Bürgerversammlung im Kurhaus heftig kritisierte. Er warf dem Landratsamt sogar vor, Falschinformationen zu verbreiten, und berief sich auf ein Urteil der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 27. September 2011.
Die verpflichtete den Landkreis Gifhorn, in Eickhorst und Jembke Ortsschilder zum Schutz von Anwohnern an der Kreisstraße 58 und der Bundesstraße 248 zu versetzen (Aktenzeichen 6A 10/09 beziehungsweise 6A 21/09). Die Häuser der Kläger liegen außerhalb der geschlossenen Bebauung, das Ortsschild befand sich hinter den Anwesen.
Wegen der hohen Geschwindigkeiten, die in diesen Bereichen gefahren werden, fürchteten sie insbesondere um die Gesundheit ihrer Kinder. Das Gericht gab ihrer Klage statt und ordnete an, dass durch eine Versetzung des Ortsschildes auch diese Anwesen dem innerörtlichen Bereich zugeschlagen werden müssen.
Gibt es in Gifhorn
einen Präzedenzfall?
Schleibinger vergleicht die Situation mit den Gegebenheiten in Mietraching und forderte die Stadt erneut auf, die Angelegenheit nicht auf sich beruhen zu lassen. Bürgermeister Stephan Schlier zeigte Verständnis für die Sorge des Bürgers, verwies jedoch darauf, dass die Stadt hierfür nicht zuständig sei und deshalb keinen Handlungsspielraum habe.
Kritik an der Sichtweise des Landratsamtes hatte Schleibinger bereits bei der Bürgerversammlung im Vorjahr vorgetragen. Schlier riet ihm damals, sich an die Regierung von Oberbayern als Aufsichtsbehörde des Landratsamtes mit der Bitte um Überprüfung des Sachverhalts zu wenden. Das tat er, das Ergebnis fiel allerdings nicht so aus, wie sich der Aiblinger das gewünscht hatte. „Die Regierung teilt voll und ganz die Rechtsauffassung des Landratsamtes. Sogar der Regierungspräsident persönlich hat sich mit dem Fall befasst“, sagte der Rathauschef bei der Bürgerversammlung. Schlier verwies auch darauf, dass die Verwaltung im Rathaus ebenfalls die Rechtsauffassung von Landratsamt und Regierung teile. „Persönlich wäre ich sofort für die Versetzung des Schildes, aber es gibt keine Rechtsgrundlage dafür“, so der Bürgermeister. „Auf dem Verwaltungsweg ist die Angelegenheit als erledigt zu betrachten“, sagt auch Stadtrat Dieter Bräunlich.
Dass im Landkreis Rosenheim einige Ortsschilder stehen, deren Standorte nicht den für Mietraching geltenden Vorgaben entsprechen, können er und Schleibinger nicht verstehen. Schleibinger nennt als Beispiele unter anderem Ortstafeln in Dettendorf in der Gemeinde Bad Feilnbach und in Dettendorf bei Lampferding, im Ortsteil Jarezöd in der Gemeinde Großkarolinenfeld und das Schild im Bereich Obermühl in der Gemeinde Raubling.
Sein Vorwurf:
„Reichlich Bockigkeit“
Ein Grund, warum Bräunlich dem Landratsamt „reine Bockigkeit“ vorwirft. „Das ist zweifelsfrei eine gefährliche Stelle. Ich verstehe diese Haltung nicht“, sagt er. Das Landratsamt streitet gar nicht ab, dass andernorts im Landkreis Ortstafeln an den falschen Stellen stehen, kontert jedoch die auch daraus resultierende Kritik an seiner Rechtsauffassung unmissverständlich. „Die als Beispiel genannten Ortsschilder stehen seit vielen Jahren an der falschen Stelle. Daraus ergibt sich aber kein Rechtsanspruch, auch andere Tafeln falsch zu setzen.“
Landrat ist der nächste
Ansprechpartner
Herbert Schleibinger will sich jetzt zunächst nochmals an Landrat Otto Lederer wenden, an den er nach eigenen Angaben bereits im Februar dieses Jahres herangetreten sei. Bisher habe er keine Antwort von ihm bekommen. „Wenn mein Brief unbeantwortet bleibt, wende ich mich an das Ministerium“, sagt er. Und an den Stadtrat richtete er bei der Versammlung einen eindringlichen Appell: „Klemmt euch weiter dahinter. Die Gefahr ist riesig. An dieser Stelle brettern selbst 40-Tonner mit einer beachtlichen Geschwindigkeit über die Fußgängerquerung.“