Frauen wählen häufiger die CSU
Von A wie Albsteiger, Katrin bis Z wie Zollner, Gudrun – 14 der 56 gewählten CSU-Bundestagsabgeordneten sind Frauen. Nur 14. Da klingt es fast komisch, dass die CSU häufiger von Frauen als von Männern gewählt wird. Es ist aber so. 2013 waren 47,4 Prozent der CSU-Wähler (Zweitstimme) Männer, 52,6 Prozent Frauen. Das ist eine Hochrechnung, die auf der repräsentativen Wählerstatistik beruht. Kaum bekannt ist: Bei jeder Wahl werden in bestimmten Wahllokalen die Stimmzettel mit einem kleinen Buchstaben in der Ecke markiert – A bis F steht für verschiedene Altersgruppen bei den Männern, G bis M für die Frauen. Die Auswertung ist anonymisiert, das Wahlgeheimnis bleibe gewahrt, versichert das Bayerische Landesamt für Statistik. So weiß man, dass im Gegensatz zur CSU zum Beispiel die FDP seit jeher eine Männer-Partei ist, die Grünen hingegen eine ausgeprägte Frauenpartei – ihr Stimmanteil in Bayern war 2013 zu fast 58 Prozent weiblich, zu nur 42 Prozent männlich. Bei den Wahlen zuvor war das ähnlich. Noch ausgeprägter als die FDP von Männern gewählt wird die AfD – 2013 waren es 63 Prozent. Ein fast ausgeglichenes Geschlechter-Wahlverhalten gibt es seit Jahren nur bei der SPD.
Wahlmüde Jungwähler
Wer sich wundert, warum Themen wie Bildung, Digitalisierung, Umweltschutz im Wahlkampf eine geringe Rolle spielen, SPD-Kandidat Martin Schulz hingegen im TV-Duell plötzlich die drohende Rente mit 70 als potenzielles Zaubermittel entdeckte, der sollte die Nichtwähler-Statistik zu Rate ziehen. Fast 40 Prozent der 18- bis 25-Jährigen gingen 2013 gar nicht zur Wahl. In der „60+“-Generation sind es nur 25 Prozent. Die höchste Wahlbeteiligung gibt es dabei traditionell in der Gruppe der 60- bis 70-Jährigen (nur 21,5 Prozent Nichtwähler), bei den noch älteren Bürgern steigt der Nichtwähler-Anteil wieder an. Das ist ein Vorteil für die Union – nur 37,3 Prozent der 18- bis 25-jährigen Männer wählten 2013 die CSU, aber fast 53 Prozent der Wähler „60+“ und 57 Prozent der über 70-Jährigen. Den größten Nachteil davon hat weniger die SPD – denn auch für sie sind Jungwähler kaum zu begeistern (nur 18,3 Prozent 2013 bei der männlichen 18- bis 25-Jährigen) –, sondern eher FDP und Grüne. Stattliche 18,1 Prozent der 18- bis 25-jährigen Frauen in Bayern wählten 2013 die Grünen. Zum Vergleich: Die Partei kam bundesweit auf nur 8,4 Prozent.
Die Dominanz der CSU-Kandidaten
Wie aber wird die Wahl ausgehen? Genau weiß man das natürlich nicht, doch Trends sind erkennbar. Bayern ist in 46 Wahlkreise eingeteilt. Die Wahlkreis-Prognose des auf regionale Wahlforschung spezialisierten Hamburger Instituts „election.de“ besagt, dass die CSU in 43 Fällen ziemlich sicher das Direktmandat gewinnen wird. So war es fast immer, so wird es diesmal sein, sagt Wahlforscher Matthias Moehl. In Oberbayern gewannen die CSU-Kandidaten 2013 mit weitem Abstand – außerhalb der Stadt München schaffte es nur ein SPD-Direktkandidat, der in München-Land, über 20 Prozent. An dieser Dominanz sei „normalerweise“ nicht zu rütteln. Daher stuft der Wahlforscher nur in drei der 46 Wahlkreise den Sieg des CSU-Direktkandidaten als nicht gänzlich sicher ein: in den beiden Nürnberger Wahlkreisen sowie im Wahlkreis München-Nord, wo sich Bernhard Loos (CSU) und Florian Post (SPD) ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern.
Die CSU-Dominanz ist historisch: Letztmals gewann die SPD 1998, als Gerhard Schröder Bundeskanzler wurde, außerhalb der Großstädte München und Nürnberg Direktmandate – in Hof und Coburg. Das letzte Direktmandat – in München-Nord – ging 2009 verloren.
Auch bundesweit gibt es eine Dominanz der Union bei den Direktkandidaten: Laut „election.de“ werden CDU/CSU 251 der 299 Wahlkreise entweder „sicher“ gewinnen oder haben zumindest in der Prognose einen Vorsprung. In Führung liegt die SPD nur in 43 Wahlkreisen (vier davon „sicher“), Direktkandidaten der Linken haben in vier Wahlkreisen gute Chancen (zwei „sicher“), die Grünen in einem Wahlkreis einen Vorsprung.
Kaum Stimmen- Splitting
Die Bedeutung des Stimmen-Splittings, dass also der Wähler bei der Erst- und Zweitstimme verschiedene Parteien ankreuzt, werde überschätzt, sagt Matthias Moehl. Ein Blick auf die Wahl 2013 zeigt dies: Damals gaben 92 Prozent derjenigen, die mit der Zweitstimme CSU wählten, auch ihre Erststimme an den CSU-Direktkandidaten. Bei der SPD ist es mit Abstufungen ähnlich: Auch ihre Wähler sind parteitreu. 82 Prozent der SPD-Zweitstimmenwähler kreuzten auch den SPD-Direktkandidaten an: Nur sieben Prozent wechselten zum CSU- und sechs Prozent zum Grünen-Kandidaten. Anhänger der Linken sowie der AfD neigen kaum zum Stimmen-Splitting.
AfD-Überraschung in Rosenheim?
Weil AfD-Wähler ihre Stimmen kaum splitten, lässt sich erschließen, auf welches Ergebnis ihre Direktkandidaten kommen werden – auf ein ähnliches wie die Partei in ihrem Wahlkreis. Das führt dazu, dass „election.de“ bei den Direktkandidaten auch die Zweitplatzierten vorhersagen kann. Für die Wahl selber ist das eigentlich ohne Bedeutung: Nur der Erstplatzierte kommt direkt in den Bundestag, die Stimmen für alle anderen Kandidaten verfallen und werden, anders als vielleicht viele denken, auch nicht mit der Zweitstimme irgendwie verrechnet. Dennoch kann die AfD auf ein symbolisches Erfolgserlebnis im Wahlkreis Rosenheim hoffen. Dort liegt ihr Direktkandidat laut Prognose derzeit auf Platz zwei – vor dem SPD-Kandidaten. Das wäre in Westdeutschland ein Novum. „Dies liegt aber eher an der traditionellen Schwäche der SPD“, sagt Moehl. Der SPD-Kandidat hatte 2013 nur 12,5 Prozent der Stimmen geholt – das bayernweit schlechteste Ergebnis. Trotzdem hat ihn die SPD wieder aufgestellt.
Wahlbeteiligung und Briefwähler
Wenig bekannt: Bayern hat traditionell eine etwas geringere Wahlbeteiligung. 2013 wählten in Bayern genau 70 Prozent, im Bundesschnitt waren es 71,5 Prozent. Dafür ist die Zahl der ungültigen Stimmen eher gering – im Bund waren es zuletzt 1,3 Prozent, in Bayern nur 0,8 Prozent. Die Beteiligung an der Briefwahl ist in Bayern sehr hoch. 2013 stimmten in Deutschland 24 Prozent der Wähler per Briefwahl ab, in Bayern aber waren es 35 Prozent. „Das war der höchste Wert in ganz Deutschland“, sagt Wahlforscher Moehl. Schon jetzt ist deutlich, dass der Anteil der Briefwähler 2017 weiter zunimmt. Für den Ausgang der Wahl übrigens ist dies bedeutungslos. „Früher war die Union bei der Briefwahl besser, die SPD schlechter. Jetzt hat keiner mehr einen Vorteil“, sagt Moehl. Dirk Walter