Hatschiii! Wen es derartig reißt, der hat entweder einen Schnupfen im höchsten Stadium oder er ist ein Anfangsschnupfer, und das heißt: ohne selber verschnupft zu sein, hat er geschnupft, nämlich einen Schnupftabak, bairisch Schmalzler, Schmaizler oder Schmai genannt. Ja, schauts ihn nur grad an, den Anfänger! Richtige Tränen rollen ihm aus den Augen, die Hand fährt in die Hosentasche nach dem Schneuzhadern, und nochmals reißt es ihn und ein drittes Mal. Spöttisch steht der Profi, der Tag für Tag im Nasentraining ist, daneben. Mitleidig lächelnd haut er sich eine Pris in das Gewusst-wo-Grüaberl der friedfertig geballten Faust, dann legt er den Kopf auf die Seite, um das zu bedienende Nasenloch in die rechte Stellung zu bringen, und zieht die kleine Pyramide wie ein Qualitätsstaubsauger, ohne im Geringsten zu bröseln, in Richtung Hirn. Zu angeblich gesundheitlichen Vorteilen ist der Schmai auch ein Seelentröster, wie der alte Spruch bezeugt: „ Gib ma a Pris, weil’s mit da Lies aa nix mehr is!“ Er verlässt die Nase wieder auf dem vorgegebenen Weg, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man, sofern einem nicht graust, das Schnupftüachl eines Gewohnheitsschnupfers näher untersucht. Diese Schnupftüachl sind mächtige Hadern, die gewöhnliche Taschentücher ohne Weiteres „schnupfen“ könnten.
Ich erinnere mich noch gut, dass diese Schnupftüachl ein ewiger Zankapfel zwischen meinem Großvater väterlicherseits, der als echter Oberpfälzer mit Schnupftabak sozusagen großgezogen worden ist, und der Großmutter waren. Ein Saubär ist da einem empfindsamen Gemüt wohl schon mal rausgerutscht.
Senkt der Schnupfer schuldbewusst den Kopf? Sicher kennt er jene Strophe des Schnupferlieds: „Mia ham scho Weiba ghabt, de ham uns nimmer mögn, weil mia um d’ Nasn rum voller Tabak san gwen. Mia ham uns nix draus gmacht, mia ham’s glei selba gsagt, dass uns vui liaba is a Pris Tabak.“
Einen großen Fehler aber hat der Schnupftabak doch! Er ist kein bayerischer Spezialfall wie die Weißwurst oder der warme Leberkäs. Und wenn wir auch noch so fest glauben, er sei vom lieben Gott maßgefertigt für Bayernpratzen und Bayernzinken, wir müssen uns belehren lassen, dass das Schnupfen am französischen Hof aufkam, der „Alte Fritz“ lange schon vor unserem „Kini“ seine Nase fütterte und auch Napoleon nicht nur halb Europa, sondern auch selber fleißig geschnupft hat. Der Name Schmalzler oder Schmai, den freilich gibt’s nur in Bayern. Er kommt daher, weil der Tabak früher mit Schmalz verrieben wurde. Und wo gäbe es eine Schnupferhymne, die sich mit unserer vergleichen ließe: „Der Duwak-wak, der Duwak-wak, der Duwak ist mein Leben, der Duwak-wak, der Duwak-wak, der Duwak is mei Freid!“ Dazu der sperrige Reim: „Wenn i an Huat hät, lupfaten, wenn i an Schmai hät, schnupfaten.“
Maßgeschneidert
An dieser Stelle schreibt
unser Turmschreiber