„Das Allerwichtigste beim Bergsteigen ist, dass man lange lebt.“ Dieser Maxime ist Luis Trenker im Unterschied zu etlichen Kletterheroen treu geblieben. 97 Jahre wurde der populäre Naturbursche, Filmemacher und Geschichtenerzähler aus dem Grödnertal. Am 4. Oktober hätte er seinen 125. Geburtstag feiern können.
Sein Landsmann Reinhold Messner, ein ähnlich begabter Selbstvermarkter, konnte neidlos, wenn auch nicht ganz frei von Spott anerkennen: „Der Trenker war lange Zeit im deutschen Sprachraum der berühmteste Südtiroler. Heute ist es der Ötzi.“ Während Trenker dem Jüngeren „maßlose Eitelkeit“ und mangelnde Ehrfurcht vor der Natur vorhielt – und dass der Messner „nicht an den Herrgott“ glaube.
Ein kerniger Gipfelstürmer, das Hanfseil über der Schulter, den Blick entschlossen nach oben gerichtet: Mit dieser Pose trat der „König der Berge“ seinem Publikum entgegen. Das Pathos von Eroberungswille, Opferbereitschaft und Kameradschaftsgeist prägt Trenkers Filme („Berg des Schicksals“, „Berge in Flammen“ und natürlich „Der Berg ruft“ von 1938).
Legendär war Trenkers Erzählkraft, die er auch in zahlreichen Fernsehsendungen für den BR ausspielte: „Nachts san ma dahoam aussig’schlich’n und aufi durch’n Wald, der Auerhahn hat balzt, und dann san ma einig’stieg’n in d’ Wand.“ Folgerichtig ging 1978 der Münchner Karl-Valentin-Orden an den „Meister ungezwungenen Fabulierens“.
Für einen zünftigen Wanderer waren bis in die 1980er-Jahre der breitkrempige Trenker-Hut und die Kniebundhose aus Trenkercord Pflicht-stoff. Auch im Zeitalter der Multifunktionsjacken lebt Luis Trenker in der Mode fort: als Südtiroler „Lifestyle-Label“. Er selbst vermarktete sich schon in den 1930er-Jahren nicht ungeschickt, etwa als Werbeträger für Blendschutz-Brillen. Die tatsächlichen alpinistischen Fähigkeiten des Bergidols umwehten indes Zweifel. Immer dann, wenn es ernst geworden sei, habe er sich in seinen Filmen doubeln lassen, lautete ein Vorwurf. Zur Ehrenrettung lässt sich vorbringen, dass der junge Bergführer vor dem Ersten Weltkrieg Seilpartner mehrerer damaliger Top-Kletterer war. Rund ein Dutzend Erstbegehungen in den Dolomiten gehen auf das Konto des ausgebildeten Bergführers, darunter einige im fünften Schwierigkeitsgrad.
Durch die Nazizeit manövrierte sich Trenker als Meister des Wegschauens. Erst erregten seine heroischen Filme die Bewunderung von Joseph Goebbels. Später wurde der Südtiroler, der nicht nur geschmeidig, sondern auch stur sein konnte, von den NS-Kulturwächtern verstoßen. Auch in Südtirol war er indes wegen seiner Zusammenarbeit mit dem faschistischen Regime umstritten. Gleichwohl wurde er, so der Autor Florian Trojer, „zum Botschafter für das scheinbar unverfälschte und heimatverbundene Südtirol“.
Mit einem Mediencoup brachte sich Trenker 1948 wieder ins Gespräch. Des Führers Geliebte Eva Braun habe ihm 1944 eigenhändig ihre Tagebücher anvertraut, die er nun in Hollywood verfilmen wolle, behauptete er. Von Geldsorgen getrieben, hatte er da schon Auszüge an eine Illustrierte verkauft und sich damit Ärger mit Brauns Familie eingehandelt. Ein Münchner Gericht kam zu dem Schluss, dass es sich um eine Fälschung handle.
Auch manch anderes aus dem Leben des Tausendsassas klingt sagenhaft: So soll das Energiebündel ein Jahr vor seinem Tod noch einen Sohn gezeugt haben. Mit 96!
C. Renzikowski/D. Walter