Groß war der Aufschrei im Ort, als kürzlich das Wohnhaus des Autors und Künstlers Lothar-Günther Buchheim (1918-2007) in der Feldafinger Biersackstraße abgerissen wurde. In dem weitläufigen Haus, das manche als Villa bezeichneten, hatte der Autor von „Das Boot“ mehr als 50 Jahre mit seiner Frau Diethilde („Ditti“) gewohnt. In dieser Zeit verwandelte sich das Gebäude in eine Art Kunstmuseum. Alles, was Buchheim nicht irgendwie in sein Museum in Bernried auslagern konnte, hortete er in Feldafing.
Drei Jahre vor seinem Tod, im November 2004, gab er uns ein Interview über das Kriegsende 1944/45 und gewährte Einblick in sein Reich. Buchheim führte in ein mit Bildern und Büchern vollgestelltes Arbeitszimmer, das nur über Umwege zu erreichen war – überall versperrten Skulpturen, Möbel und allerlei künstlerischer Krempel den Weg, manches sicherlich wertvoll, manches vielleicht auch nicht. Er war halt Jäger und Sammler.
Buchheim starb drei Jahre später, und als auch seine Frau Ditti 2014 verstorben war, stand das Haus leer.
Nun hat die Buchheim-Stiftung das Gebäude, das nicht unter Denkmalschutz stand, mit allen Nebenteilen abreißen lassen. Sie hatte nach mehreren Anläufen bei der Gemeinde eine Genehmigung zum Bau einer Wohnanlage mit zwei Mehrfamilienhäusern erhalten – die Einnahmen fließen in das Buchheim-Museum in Bernried.
Die Empörung über den Abriss war laut vernehmbar. Eine Vertraute des Ehepaars, Bettina Dix-Pfefferkorn, schrieb sogar einen Protestbrief („Barbarei wider die Kultur“) an den Kultusminister, der aber auch nicht helfen konnte oder wollte. Allein die Instandhaltung der maroden Villa hätte wohl eine Million Euro gekostet. Nagetiere und Schimmel setzten dem Haus, in dem die Stromleitungen noch aus den 1930er-Jahren stammten, arg zu.
Buchheims Villa also ist Geschichte, aber sein Vermächtnis bleibt. Vor lauter Entrüstung darüber, dass die Buchheim-Stiftung bei der Entrümpelung des Hauses auch allerlei Kalender, Kunstdrucke und Fotos im Container entsorgen ließ, ging etwas unter, dass das Haus vorher gründlich inspiziert worden war. Nur die Dubletten verschwanden im Müll. Alles habe man aus Platzgründen nicht aufbewahren können. Die Unikate aber, versichert Sabine Bergmann von der Buchheim-Stiftung, sind gerettet worden. „Da waren wunderbare Sachen dabei.“ Kunstdrucke, Bücher, Bilder. Manche Kostbarkeit kam hinter Bücherregalen zum Vorschein. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass manche Grafiken erst entschimmelt werden mussten, ehe sie ins Museumsdepot nach Bernried kamen. Auch die Grüne Galerie, die zweite Villa Buchheims in der Feldafinger Bahnhofsstraße, dient erst mal als provisorisches Depot. „Die ist jetzt vollgestopft bis unters Dach“, sagt Sabine Bergmann.
Nun wird inventarisiert und registriert. Ordnung muss sein – aber sie ist nicht alles. Denn Buchheims hundertster Geburtstag naht (am 6. Februar 2018), und da hat das Museum Großes vor: Es wird eine Festwoche geben, bei der eine virtuelle Translozierung – das bedeutet Gebäudeversetzung – präsentiert wird. In einer Art „imaginärer Installation“ also sollen die Wohnräume von Buchheim gezeigt werden.
Einen Monat später, wohl am 18. März, ist dann die Eröffnung einer großen Buchheim-Ausstellung geplant: 100 Jahre Buchheim mit allem Drum und Dran. „Das Boot“, die Expressionisten und noch viel mehr. Das Erbe des großen Meisters, so heißt es in Feldafing, bleibe also auf alle Fälle gewahrt. dirk walter