„Der Herbst ist immer unsere schönste Zeit!“ So ganz kann ich Goethe nicht beipflichten. Aber den November liebe ich tatsächlich. Für mich war er auch dieses Jahr genau richtig. Regnerisch, kühl, der Himmel verhangen. Vielleicht mag ich diesen Monat ja auch, weil ich im November Geburtstag habe, wer weiß.
Jetzt geht es allerdings mit Riesenschritten auf Weihnachten zu. Haben alle daran gedacht, dass nur drei Adventssonntage vor uns liegen, in diesem Jahr alles ein bisschen schneller geht? Aber bitte nicht in Hektik verfallen, sondern sich Zeit nehmen. Für Bummel über Weihnachtsmärkte mit ihren verheißungsvollen Düften, sich mit Freunden zu einem Glas Glühwein treffen. Sich einfach gemütlich auf der Couch einkuscheln und mal wieder richtig schmökern. Ein schöner Gedanke, aber geht ja leider nicht, werden Sie jetzt sagen. Was gibt es jetzt nicht alles zu tun? Mit hübschen Dekorationen für weihnachtlichen Glanz in der Wohnung sorgen, Briefe schreiben, Plätzchen backen, Päckchen füllen.
„Lesen verschenken!“ – eine liebenswerte Aufforderung in meiner Buchhandlung. Es ist ein Vergnügen, dort zu verweilen. Herumstöbern, Inhalte überfliegen und sich Gedanken machen: Wem schenke ich was? Einfach nach Bestsellern greifen, sich nach Empfehlungen von der Frankfurter Buchmesse richten? Bücher als Geschenke verraten schließlich auch immer etwas über den, der sie schenkt. Der Landshuter Philosoph Ludwig Feuerbach brachte es auf den Punkt: „Es geht uns mit Büchern wie mit Menschen. Wir machen zwar viele Bekanntschaften, aber nur wenige erwählen wir zu unseren Freunden.“ Und von denen trennen wir uns natürlich ein Leben lang nicht.
Bei mir hat der berühmte „Trotzkopf“ von Emmy von Rhoden einen Ehrenplatz. Meine Großmutter hat mir das Buch geschenkt. Ein echter Schatz aus dem Jahr 1885. Backfische konnten das ganze Leben der wilden Ilse verfolgen. In weiteren Bänden schilderten andere Autorinnen Trotzkopfs Brautzeit, ihre Ehe und sogar ihre Nachkommen. Zweifellos ein Stück Zeitgeschichte und spannend zu sehen, wie Kinder heute reagieren, wenn man ihnen daraus vorliest. Selbst lesen – der hundert Jahre alte Schriftdruck macht es schwierig. Aber: Vorgelesen zu bekommen, natürlich mit viel Dramatik in der Stimme des Erzählers, ist für Kinder auch heute noch das Höchste. Und irgendwo lässt sich doch immer ein Märchenbuch finden, wenn kleine Gäste zu Besuch kommen.
Der „Erzähle-ein-Märchen“-Tag wird zwar erst am 26. Februar 2018 gefeiert, aber Advents- und Weihnachtsgeschichten bringen in der staaden Zeit immer alle Kinderaugen zum Strahlen. Die Märchen der Gebrüder Grimm, die ihre berühmte Sammlung nicht nur für Kinder gedacht hatten, inspirierten Tanja Kinkel zu ihrem neuen Roman, der den Leser ins 19. Jahrhundert entführt: „Grimms Morde“. Den Inhalt muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, schreibt ein begeisterter Kritiker. Annette von Droste-Hülshoff und ihre Schwester reisen ins hessische Kassel, um den Brüdern Jacob und Wilhelm Grimm bei der Aufklärung eines Mordes zu helfen, dessen sie verdächtigt werden. Ein kriminalistisches Vergnügen also. Während ich mich blutigen Krimis im Fernsehen, die momentan für höchste Einschaltquoten sorgen, verweigere, freue ich mich über spannende Lektüre. Zauberhaft übrigens auch Kinkels Kinderbuch „Die Prinzen und der Drache“.
Auf ganz andere Spurensuche begab sich Maria von Welser. Kein Roman, sondern brutale Realität: „Wo Frauen nichts wert sind“. Schicksale in Afghanistan, Indien und Syrien, die unter die Haut gehen. Keine Gute-Nacht-Geschichten, um danach süß zu träumen. „Bücher lesen heißt: wandern gehen in ferne Länder, aus den Stuben, über die Sterne“, so der deutsche Schriftsteller Jean Paul. Und manchmal werden Lesestunden eben auch zu echten Sternstunden, vor allem in der hektischen Adventszeit…
In diesem Sinn –
herzlich
Ihre Carolin