Tatort Tutzing

von Redaktion

Neue Töne beim Jahresempfang der Evangelischen Akademie

Tutzing – Zwei Polizeibeamte in grüner Uniform stapfen im Schneegestöber am Festsaal des Tutzinger Schlosses vorbei. Drinnen dröhnt die Tatort-Erkennungsmusik so, dass der altehrwürdige Holzfußboden erzittert. Keine Sorge, am Mittwochabend ist kein Verbrechen in der Evangelischen Akademie geschehen – aber Direktor Udo Hahn hat beim traditionellen Jahresempfang der Bildungseinrichtung am Starnberger See neue Töne angeschlagen.

Kein Streichquartett, kein Vortrag eines Festgastes, sondern praller Jazz und muntere Unterhaltung werden geboten. Für den satten Sound sorgt kein Geringerer als Jazz-Legende Klaus Doldinger (81) mit seiner Band „Passport“. Der „Rausschmeißer“ zum Ende des öffentlichen Parts ist denn auch die Tatort-Musik, die Doldinger 1970 eingespielt hat.

Um Film, Unterhaltung, Kultur dreht sich auch das muntere Gespräch, das Hahn mit Festgast Oliver Berben führt, Filmproduzent und Vorstand der Constantin AG, ach ja, und Sohn von Schauspielerin Iris Berben. Sympathisch, offen und reflektiert macht sich der 46-Jährige für ein duales Mediensystem in Deutschland stark. Für den Filmproduzenten ein wichtiger Grundpfeiler der Demokratie. In diesem System könnten unterschiedliche Meinungen in unterschiedlichsten Darstellungsformen die öffentliche Debatte schärfen. Daher müsse die Vielfalt an Sendern und Ausspielkanälen erhalten bleiben. Geschichten, die im Film erzählt werden, müssten das Herz der Menschen erreichen. Filme, so Berben, bringen die Menschen zusammen – auch über nationale Grenzen hinweg.

Auch Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm weist dem Film eine bedeutende Rolle in der Gesellschaft und der Kultur zu. „Wenn ein Film mit einer wichtigen Botschaft nicht nur die Köpfe, sondern auch die Herzen und vielleicht sogar die Seelen erreicht, ist das ein Glücksfall.“ Im kirchlichen Bereich sei das Medium des populären Films noch viel zu wenig zu Hause – es gebe ein „bildungsbürgerlich-elitäres Denken in protestantischen Lebenswelten, das dem Medium des populären Films zuweilen ein pauschales Etikett der Oberflächlichkeit anheftet“. Das sei aber eher Ausdruck eines begrenzten Horizonts.

Horizont-Erweiterung betreiben anschließend die 400 Repräsentanten aus Kirche und öffentlichem Leben, die in den Räumen der Akademie plaudern, diskutieren und ihre Ansichten über die neue Form des Jahresempfangs austauschen. Praller Jazz, so ist vielfach zu hören, passt wunderbar zum Schloss.

Unterdessen halten die Polizisten weiter Wache am verschneiten Tatort in Tutzing. Claudia Möllers

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