München – Telefonbetrüger treiben derzeit verstärkt in Oberbayern ihr Unwesen. Sie rufen gezielt bei Senioren an, geben sich als Polizisten aus und tischen ihren Opfern Geschichten auf, die sie dazu bringen sollen, ihr Vermögen abzuheben und ihnen zu übergeben. Allein an diesem Dienstag wurden dem Polizeipräsidium Oberbayern Nord 77 Fälle gemeldet, in München waren es am selben Tag 61 Fälle. „Man kann wohl davon ausgehen, dass deutlich mehr Senioren angerufen wurden, die es aber nicht der Polizei gemeldet haben“, sagt Polizeisprecher Peter Grießer.
Die Ermittler gehen davon aus, dass hinter den Anrufen Banden stecken, die sich systematisch Region für Region vornehmen. Die 77 Fälle, die dem Polizeipräsidium in Ingolstadt am Dienstag gemeldet wurden, kamen alle aus den Landkreisen Starnberg, Fürstenfeldbruck, Erding und Freising. „Die Masche ist immer ähnlich“, erklärt Grießer. Die Täter schaffen es technisch, dass bei ihren Anrufen die 110 auf dem Display angezeigt wird. Sie geben sich als besorgte Polizeibeamte aus, die bei Einbrechern Unterlagen gefunden haben, auf denen angeblich der Name ihres Opfers und dessen Besitzverhältnisse notiert sind. Sie versuchen, die Angerufenen dazu zu bewegen, ihnen ihr Vermögen „zur sicheren Verwahrung“ auszuhändigen.
Und immer wieder haben sie damit auch Erfolg. Eine 73-Jährige aus Unterschleißheim (Landkreis München) ist vor kurzem auf diesen Trick hereingefallen und hat mehrere zehntausend Euro verloren – obwohl sie immer gedacht hatte, dass sie diese Masche durchschauen würde, wie sie der Polizei anschließend berichtete. „Die Täter gehen hochprofessionell und psychologisch geschickt vor“, betont Grießer. Sie variieren ihre Geschichte etwas und passen sie dem Gesprächsverlauf an. Obwohl die Polizei jede Gelegenheit nutzt, davor zu warnen, sind die Betrüger hin und wieder erfolgreich. „Wenn auch immer seltener“, wie Grießer sagt.
Dank einer 78-Jährigen aus Gauting (Kreis Starnberg) konnte die Polizei nun sogar einen 38-jährigen Tatverdächtigen aus dem Landkreis München festnehmen. Die Seniorin hatte direkt nach dem Betrugsanruf die Polizei informiert, sodass die Beamten den Mann festnehmen konnten, als er das Geld abholen wollte. Noch hat er sich zu den Tatvorwürfen nicht geäußert. Die Polizei geht allerdings davon aus, dass es sich bei ihm nur um einen Handlanger handelt. „Die eigentlichen Drahtzieher arbeiten eher im Hintergrund“, erklärt Grießer. An sie heranzukommen, ist für die Polizei deutlich schwerer. Katrin Woitsch