Papst Franziskus hat 300 junge Menschen aus aller Welt zur Vorbereitung der vatikanischen Bischofssynode zum Thema Jugend im Oktober eingeladen. Thomas Andonie (27) aus Regensburg, Bundesvorsitzender des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), wird als einer von zwei Jugendvertretern aus Deutschland dabei sein. Gestern war er bei der Deutschen Bischofskonferenz in Ingolstadt zu Gast. Wir sprachen mit ihm über die Erwartungen Jugendlicher an die Kirche – wie etwa die Zulassung von Frauen zum Priesteramt.
-Sie sind zu Gast bei der Bischofskonferenz. Warum hat man Sie „vorgeladen“?
(lacht) Die Deutsche Bischofskonferenz darf zur Vorbereitung der Jugendsynode zwei junge Menschen zwischen 16 und 29 Jahren für die Jugendpastoral in Deutschland entsenden – und ich habe das Glück, dabei zu sein.
-Welche Wünsche der Jugend an die Kirche werden Sie den Bischöfen präsentieren?
Junge Menschen wünschen sich vor allem Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit. Sie wollen die Möglichkeit haben, an etwas teilzuhaben und mitzuwirken. Jugendliche wollen nicht nur gehört werden, sondern möchten, dass das, worüber diskutiert wird, auch umgesetzt wird. Das sind nicht nur zentrale Punkte im Blick auf die Jugendsynode, sondern auch für die Kirche in Deutschland. Wir brauchen eine Kirche, die trotz aller Skandale und Fehler jungen Menschen Halt und Heimat bieten kann. In den Jugendverbänden kennen wir das partnerschaftliche Miteinander zwischen Laien und Priestern. Das würde ich mir auch für die gesamte Kirche in Deutschland wünschen. Für die Jugendsynode im Oktober fordern wir, dass ebenso viele Jugendvertreterinnen und Jugendvertreter wie Bischöfe daran teilnehmen werden.
-Wo sollten Jugendliche mitbestimmen können?
Junge Menschen sind selbst Experten ihrer Lebenswelt, sie wissen am besten, welche Fragen sie umtreiben. Das muss eingespeist werden und zu einem tatsächlichen Dialog führen. Man sollte einander auf Augenhöhe begegnen. Wünsche der Jugendlichen sollten nicht als verrückte Ideen abgetan werden, es sollte wirklich zugehört werden. Wir brauchen einen ehrlichen, wertschätzenden Dialog, damit auch die Vielfalt unter den Jugendlichen in der katholischen Kirche gut zum Ausdruck kommt.
-Das ist schöne Theorie. Wo würden Sie gerne mitentscheiden?
Die Frage nach Strukturen und Finanzen beschäftigt die deutsche Kirche derzeit ja stark – wie der Finanzskandal im Bistum Eichstätt und die Verschuldung des Erzbistums Hamburg zeigen. Da wäre es schon gut, wenn Laien – und im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit der Kirche – gerade auch die jungen Menschen die Möglichkeit hätten, da mitzubestimmen. Denn sie werden später mit in der Verantwortung stehen.
-Jugendliche suchen intensiv nach dem Sinn des Lebens, aber sie brauchen offenbar nicht die Institution Kirche.
Viele entkoppeln den Glauben von der Institution oder finden Antworten bei anderen Angeboten. Ich glaube, dass die Kirche ein sehr gutes Angebot hat. Wir müssen dahin kommen, dass Jugendliche Kirche als Ansprechpartnerin in Sinnfragen wahrnehmen. Wir in den Jugendverbänden erleben das: Trotz sinkender Katholikenzahlen haben wir mit 660 000 Jugendlichen eine relativ konstante Mitgliederzahl.
-Warum bricht der Kontakt zur Kirche im Erwachsenenalter ab?
Vielfach entfremden sich die Menschen von der Liturgie, von den Ritualen. Sie sehen keinen Zusammenhang mehr zwischen den Traditionen der Kirche und ihrem Leben. Man muss ihnen erklären, warum Gebet und Gottesdienste wichtig sind. Sonntags in die Messe zu gehen ist ein Angebot, keine Last. Der Gottesdienst muss aber auch so gestaltet werden, dass ich es so wahrnehme. Die Kirche muss gerade auf Menschen zugehen, die uns kritisch gegenüberstehen.
-Die ewigen Diskussionsthemen Zölibat, Frauenpriestertum, Umgang mit Homosexualität – wie wichtig sind sie für die Jugend?
Das sind Themen, die uns junge Menschen ganz stark beschäftigen. Da geht es auch um die Glaubwürdigkeit. Die Kirche steht für Nächstenliebe und hat in der Flüchtlingskrise gezeigt, was das konkret heißt. Wir waren begeistert, dass den Worten Taten gefolgt sind. Das wünschen wir uns für alle Bereiche – gerade im Umgang mit Frauen und deren Zugang zu den Weiheämtern. Das muss diskutiert werden. Es kann doch nicht sein, dass eine Zulassung aufgrund des Geschlechts nicht möglich ist. Dass das schon immer so war, ist kein Argument. Frauen dies wegen ihres Geschlechts vorzuenthalten, ist ungerecht. Gerechtigkeit wünschen wir uns auch im Umgang mit Menschen, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben.
-Kardinal Marx hat gerade klargestellt, dass er sich nicht für eine Segnung homosexueller Paare ausgesprochen hat. Sind Sie enttäuscht?
Wir waren überrascht über die Nachricht, dass er die Segnung befürworte, weil er das in seinem Statement so deutlich nicht gesagt hatte. Ich glaube aber schon, dass für ihn diese Möglichkeit da ist. Bischof Bode (Bischof von Osnabrück und stellv. Vorsitzender der Bischofskonferenz; Anmerkung der Redaktion) hat ja ein ganz klares Statement dazu gegeben und wir sind sehr froh darüber. Kardinal Marx zeigt Gesprächsbereitschaft und ich hoffe, dass hier Lösungen gefunden werden. Die deutschen Bischöfe sind hier sehr unterschiedlicher Meinung. Die Fragen junger Menschen müssen beantwortet werden: Ist meine Liebe mehr oder weniger wert? Ich suche mir ja nicht aus, ob ich einen Mann oder eine Frau liebe. Es ist keine Frage: Zwischen Segnung und Ehe muss ein Unterschied gemacht werden. Aber die Liebe als größtes und wichtigstes Prinzip des Christentums darf nicht so abgewertet werden.
-Wie kann Kirche heute Jugendliche erreichen?
Indem wir alle Potenziale der Kirche nutzen. Nicht nur Seelsorger und Hauptamtlichen sind gefragt, sondern gerade die Ehrenamtlichen. Jugendliche finden zu Gott, wenn sie eine Gemeinschaft finden, in der sie sich sicher fühlen. Wichtig ist, dass Ehrenamtliche gut begleitet werden. Wir brauchen ein gutes Miteinander – die Vielfalt der pastoralen Angebote darf nicht infrage gestellt werden. Wir müssen sie als Schatz sehen. Wir haben die Ministrantenarbeit, die katholische Jugendsozialarbeit, die vielen Verbände, die Freiwilligendienste und erreichen damit ganz viele junge Menschen. Da sollten wir uns nicht in Grabenkämpfe verlieren, sondern gemeinsam vorangehen.
-Wenn Sie an den Papst eine Bitte richten dürften, welche wäre das?
(lacht) Ach Gott, da fällt mir unendlich viel ein. Total wichtig ist, dass Papst Franziskus den mutigen Weg, den er eingeschlagen hat, weitergeht. Er begeistert viele Menschen, auch welche, die der Kirche kritisch gegenüberstehen. Dass er seinen Weg gegen alle Widerstände beibehält und die Kirche insgesamt von den progressiven über die liberalen bis zu den traditionellen Kräften, mit Bischöfen und Laien, in die Zukunft führt, das wünschen wir uns.
Interview: Claudia Möllers