GUTACHTER RATEN ZUM VERZICHT

Bayern klagt nicht gegen die Ehe für alle

von Redaktion

München – Wegen mangelnder Erfolgsaussichten wird die Klage des Freistaats gegen die Ehe für alle abgeblasen: Zwei Gutachten für insgesamt 40 000 Euro hatte die Staatsregierung in Auftrag gegeben, der Tenor ist in beiden derselbe: Die Entscheidung des Bundestags, dass gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürfen, verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Verschiedengeschlechtlichkeit sei kein exklusives Merkmal der Ehe mehr. Das hätten auch andere Verfassungsgerichte so gesehen.

Laut Staatskanzleichef Marcel Huber sieht man deshalb von der Klage vor dem Verfassungsgericht ab. Man halte aber „politisch am Leitbild der traditionellen Ehe als Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau fest“.

Für die CSU ist die Einschätzung der Gutachter eine Niederlage. Ihre Bundestagsabgeordneten hatten mehrheitlich gegen eine Ausweitung inklusive Adoptionsrecht plädiert. Justizminister Winfried Bausback sagte dagegen, es gehe nicht ums Gewinnen, sondern um die Schaffung von Rechtssicherheit. Im Kabinett wurde um den Nicht-Klage-Beschluss laut Huber „gerungen“. Die Entscheidung fiel „mehrheitlich“, üblich sind eigentlich einstimmige Beschlüsse. Einige Minister argumentierten intern, das Thema sei abgehakt. Andere wiesen auf die Notwendigkeit hin, die Meinung innerhalb der konservativen Klientel ernstzunehmen und trotzdem gegen die Ehe für alle zu klagen. So oder so: Das Thema wurde nun kurz vor der Amtsübergabe von Horst Seehofer an Markus Söder abgeräumt.

Die Grünen-Landtagsfraktion bezeichnete die Klageandrohung als „Platzpatrone“. Es sei schade, dass die CSU-Politiker erst nach juristischen Gutachten „gesellschaftliche Realitäten anerkennen“, sagte Fraktionschef Ludwig Hartmann. „Die Menschen wollen nicht, dass einzelne gesellschaftliche Gruppen im Alltag ausgegrenzt oder schlechter- gestellt werden.“ Die queerpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Isabell Zacharias, kritisierte die immer noch „starke Ablehnung gegen die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften“ bei der CSU. „Diese Barrieren in den Köpfen müssen endlich eingerissen werden“, sagte sie.  dor

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