Heimatkolumne

Flaschen für die Eiszeit

von Redaktion

Kalt ist es geworden, saukalt sogar, und da hat der Maßschneider etwas ganz Einfaches und Natürliches getan – er hat zur Flasche gegriffen. Die Flaschen liegen und stehen ja herum, dass man sich ihrer bediene. Als er da neulich mit eiskalten Füßen im Bett lag und mit den Zähnen nur so nackelte, erinnerte er sich ihrer und nahm eine von ihnen liebevoll zur Brust. Ist der Maßschneider etwa ein anonymer Alkoholiker? Bestimmt nicht – er ist nur zu gewissen Zeiten ein großer Liebhaber von Wärmflaschen.

Natürlich hat er sie vorher mit heißem Wasser gefüllt. Und dabei ist ihm eingefallen, wie viel Bauchweh und Erkältungen früher allein mit Wärmflaschen und Wickeln in die Flucht geschlagen worden sind, und daher auch von einer Kostenexplosion im Gesundheitswesen keine Rede war. Wie oft ist der kleine Maßschneider mit einem Wärmfläschlein auf dem Blähbäuchlein in einen neuen Tag hinübergeschlummert und hat zur 10-Uhr-Pause im Schulhof bereits wieder Bärendreck lutschen können!

Wenn er sein elastisches, wasserschwabbelndes Gummiflascherl unter seine Eisbeine platziert, kräuseln sich seine Fußsohlen vor eitel Lust und Wonne und die Zehen nicken mit den Nägeln und signalisieren ins Kleinhirn: Na endlich, warum denn nicht schon früher?

Ja, es war ausgesprochen dumm vom Maßschneider, ausgerechnet diese billigste aller Flaschen, die auch noch am ausgiebigsten und ganz ohne Nebenwirkungen wärmt, so lange zu vergessen. Und er wünschte sich, dass die Herren Trump, Putin und Erdogan mitsamt ihren Scharfmachern und Sturschädeln jetzt, wo eine neue Eiszeit auszubrechen droht, eine Wärmflasche ins Bett gepackt bekämen; denn die wohlige Wärme, die von ihr ausgehend den Körper durchdringt, stimuliert Mutterliebe und macht ein friedfertiges Gemüt. Und der Maßschneider wüsste nicht, was wir zurzeit notwendiger bräuchten.

Nun hört man bisweilen auch von „Wärmflaschen mit Ohrwascheln“ reden. Doch die Erwärmung ist dabei nur von relativ kurzer Dauer. Außerdem sind sie zum gezielten Einsatz kaum tauglich – oder ist es je schon einmal jemandem gelungen, eine Wärmflasche mit Ohrwascheln um die Füße zu schlingen? Erwähnt werden muss noch, dass es von dieser Spezialart von Wärmflaschen legale und illegale Modelle gibt.

Der Maßschneider verlässt sich lieber auf seine rostrotfarbene Gummifreundin, bei der er auf Imponiergehabe verzichten kann. Wie ein zufriedener Säugling liegt er im Bett, die Füße auf ihr gelagert und denkt das schöne Wort „kuschelhuschelbacherlkacherlschafibäziwulliwarm“. Und den letzten Gedanken, mit dem ihn Morpheus nicht in, sondern wohl mehr auf den Arm nehmen möchte; nämlich das nächste Mal die Wärmflasche anstatt mit Wasser mit Glühwein zu füllen, um so doppelter Freuden teilhaftig zu werden, kann er gerade noch als „Schnapsidee“ verwerfen, ehe er ins Warmland der Träume sinkt.

Maßgeschneidert

An dieser Stelle schreibt

unser Turmschreiber

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