Alternative Schule kämpft um Existenz

von Redaktion

von dirk walter

München – Im Foyer des Landtags im vierten Stock ging es gestern zu wie auf dem Pausenhof. Schüler, die hin und her rannten, Lehrer, die sie immer wieder ermahnten, Stimmengewirr, Lachen und Lärm. Das pralle Leben im Parlament eben, wo kurz zuvor der Bildungsausschuss über eine Petition der Sudbury-Schule beraten hatte. Die Schule durfte nur zwei Schuljahre, von 2014 bis 2016, im früheren Dorfschulhaus von Ludenhausen bei Reichling (Kreis Landsberg) bestehen. Dann griff die Schulaufsicht der Regierung von Oberbayern ein und untersagte den Weiterbetrieb. Begründung unter anderem: Die Schule halte nicht „die Lehrziele einer öffentlichen Grund- und Mittelschule“ ein.

Simone Kosog, Mitgründerin der Schule, fühlt sich auch fast zwei Jahre danach noch grob missverstanden: „Wir wurden behandelt wie eine staatliche Schule.“ Genau das aber will Sudbury nicht sein. Stundenplan, Lehrplan, Fächer – so was gibt es nicht. Stattdessen Selbstbestimmung, Teamfähigkeit und Demokratie. Das Konzept kommt aus den USA, dort gibt es Sudbury, benannt nach einer Hügellandschaft, seit 1968.

Wer lernen will, bildet mit anderen zusammen Lerngruppen. Lehrer sind „Mitarbeiter“, nicht alle haben ein Staatsexamen. Auf Sudbury gehen auch Schüler, die woanders gescheitert sind, Schulverweigerer etwa.

Auf die Schulaufsicht der Regierung von Oberbayern sind sie bei Sudbury nicht gut zu sprechen. Eine Schule, die gerade am Aufblühen war, wurde jäh gestoppt, so sieht es Simone Kosog. Es sei ja bekannt, dass die Regierung von Oberbayern gegen alternative Schulformen besonders scharf vorgehe. Mit ihrer Petition will die Sudbury-Initiative erreichen, dass die Schule zum nächsten Schuljahr wieder eröffnen darf. Die Schule gibt es noch – nicht als Lehrbetrieb, sehr wohl aber als Sympathisantenkreis. Von den einst vielleicht 50 Schülern ist ein harter Kern von 20 in Kontakt geblieben. Sie treffen sich oft nachmittags im ehemaligen Schulgebäude, dass nun leer steht, berichtet Simone Kosog. Unterrichtet werden sie notgedrungen in anderen Schulen der Region.

Im Juli gibt es einen Prozess vor dem Verwaltungsgericht München, der Klarheit bringen soll, ob die Wiedereröffnung der Schule rechtens ist. Parallel kämpft Sudbury mit einer Petition im Landtag für ein Existenzrecht. So ganz verstehe er nicht, sagte Ausschussvorsitzender Martin Güll (SPD), warum Sudbury-Schulen überall funktionierten, „nur angeblich in Bayern nicht“. Auch Gerhard Waschler (CSU), dessen Partei mit dem Konzept von Sudbury eher fremdelt, wollte der Schule nicht im Vorhinein das Existenzrecht absprechen. Entscheidend sei, ob bei der Schließung alles „nach Recht und Gesetz“ abgelaufen sei.

Beraten werden soll über diese Frage erst am 17. Mai, wenn der Vertreter des Kultusministeriums besser präpariert ist. Er konnte den Abgeordneten gestern nicht einmal sagen, welche Kriterien die Regierung bei der Beurteilung der Schule angewandt hat.

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