München/Luxemburg – Kirchliche Arbeitgeber dürfen nicht bei jeder Stelle von Bewerbern eine Religionszugehörigkeit fordern. Dies stellte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg gestern zu einem Fall aus Deutschland klar. Zur Bedingung darf die Zugehörigkeit zu einer Konfession nur gemacht werden, wenn dies für die Tätigkeit „objektiv geboten“ ist und die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Ob dies der Fall sei, müsse vor Gerichten überprüfbar sein. Das Urteil könnte für kirchliche Arbeitgeber in Deutschland erhebliche Auswirkungen haben. Laut der Gewerkschaft Verdi beschäftigen sie insgesamt etwa 1,5 Millionen Menschen. Verdi begrüßte das Urteil.
Letztlich müsse zwischen Diskriminierung wegen Religion und dem Recht der Kirche auf Autonomie abgewogen werden, wie der EuGH in seinem Urteil feststellt. Es sei ein „angemessener Ausgleich“ herzustellen. Kirchen dürften zwar eine „mit der Religion oder Weltanschauung zusammenhängende Anforderung“ stellen. Dies gelte aber nur, wenn diese Bedingung bei der jeweiligen Tätigkeit „eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation“ darstelle. Ob diese Kriterien gelten, könne die kirchliche Institution nicht allein bestimmen. Vielmehr müsse dies von einer unabhängigen Stelle oder vor einem staatlichen Gericht überprüfbar sein.
Caritas und Diakonie in Bayern sehen nach dem Urteil keinen Handlungsbedarf. Es gebe eine Grundordnung, in der die Einstellungspraxis klar geregelt ist, sagte Landes-Caritasdirektor Bernhard Piendl. Daraus gehe hervor, welche Stelle eine Zugehörigkeit zur katholischen Kirche erfordert und welche nicht. Es gebe bereits evangelische, muslimische und konfessionslose Mitarbeiter im Verband, vor einer Klagewelle habe man keine Angst, sagte auch Bettina Bäumlisberger, Sprecherin des Caritasverbands München und Freising.
Bayerns Diakonie-Präsident Michael Bammessel sagte: „Ich sehe grundsätzlich unsere Praxis bestätigt.“ Man habe Kriterien, wonach mit bestimmten Begründungen auch nicht-christliche oder konfessionslose Mitarbeiter eingestellt werden können. Wichtig sei es, diese Kriterien transparent zu machen. Wenn aber etwa in Kindertagesstätten christliche Feste gefeiert werden, sei es weiterhin sinnvoll, dass das Personal auch einen Bezug dazu habe, so Bammessel. dg/lby