Maikäfer in Bayern

Das große Brummen

von Redaktion

von Dominik Göttler

München – „In den Bäumen hin und her, fliegt und kriecht und krabbelt er“, wusste schon Wilhelm Busch, als er seine Geschichte über Max und Moritz niederschrieb. Den Maikäfer meinte er natürlich. Und weil Max und Moritz zwei durchtriebene Lausbuben waren, sammelten sie die Käfer für ihren fünften Streich in einer Papiertüte, nur um sie dem Onkel Fritz ins Bett zu mogeln. Kritze, kratze, kamen die Käfer aus der Matratze – und bescherten dem Onkel mit der Zipfelmütze eine grausige Nacht.

Doch wer heute wie Max und Moritz die Maikäfer vom Baum schütteln will, muss sich schon ganz gezielt auf die Suche machen. Denn in größerer Zahl fliegt der Käfer nur noch in bestimmten Regionen des Freistaats umher – und das in der Regel auch nur alle vier Jahre. Heuer ist eines dieser sogenannten Hauptflugjahre. Die Chancen stehen also nicht schlecht, einen der Frühlingsboten durch die Luft brummen zu sehen.

Ullrich Benker von der Landesanstalt für Landwirtschaft weiß, wo in Bayern üblicherweise die meisten Maikäfer fliegen. „Heuer habe ich meinen ersten noch nicht gesehen. Aber am Wochenende fahre ich nach Reichling – vielleicht habe ich ja Glück.“ Denn die 1600-Seelen-Gemeinde im Landkreis Landsberg ist so etwas wie die Maikäfer-Hochburg in Oberbayern. Im Gegensatz zu den anderen Maikäfer-Vorkommen – etwa im Spessart, in Nieder- und Oberaudorf, in Breitenberg im Bayerischen Wald oder erstaunlicherweise auch auf der Fraueninsel – kriechen in Reichling beinahe jedes Jahr die Maikäfer aus der Erde.

Das ist deshalb ungewöhnlich, weil der Lebenszyklus des Maikäfers eigentlich vier Jahre dauert. Die frisch geschlüpften Engerlinge – die Larven des Maikäfers – bleiben die ganze Zeit über unter der Erde, bis sie die Metamorphose abschließen. Erst dann graben sich die Maikäfer an die Oberfläche, machen sich für wenige Wochen über die Laubbäume her und paaren sich solange, bis sie vor Erschöpfung sterben. „Doch in Reichling hat sich dieser Zyklus so durchmischt, dass fast jedes Jahr viele Maikäfer zu sehen sind“, sagt Benker.

Aber wann genau sie kommen, lässt sich kaum vorhersagen. „Die Maikäfer haben ein enges Zeitfenster, das ist fast wie bei der Besteigung des Mount Everest“, sagt Benker. Der Boden muss warm genug sein, erst dann machen sich die Käfer auf den Weg an die Oberfläche. „Nachdem es momentan sehr warm ist, könnte es bald so weit sein“, sagt Benker. Nach einem kalten Winter wie in diesem Jahr braucht der Boden allerdings länger, um wieder auf Temperatur zu kommen. Es bleibt also immer eine kleine Überraschung, wann die Maikäfer auftauchen.

In Bayerns Wäldern jedenfalls ist es noch ruhig, heißt es bei der Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft. Und auch in Reichling steht das große Brummen erst noch bevor, wie Ralf Wahl vom örtlichen Gartenbauverein berichtet. „Wenn es richtig losgeht, ist die ganze Terrasse voller Käfer.“ Maikäfer-Freunde von nah und fern machen sich jedes Jahr auf den Weg auf den kleinen Wurzberg in Reichling, um die dicken Brummer beim Fliegen zu beobachten. Und auch Ullrich Benker von der Landesanstalt für Landwirtschaft stattet der Gemeinde immer wieder gerne einen Besuch ab. „Einmal war ich mit einem Kollegen dort. Er stand unter einem Ahornbaum. Da habe ich ein bisschen mit dem Fuß dagegengetreten und schon hatte er lauter Maikäfer in den Haaren“, sagt Benker und lacht. Für den Onkel Fritz des 21. Jahrhunderts ist also Vorsicht geboten – der fünfte Lausbubenstreich von Max und Moritz ist auch heute noch möglich.

Maikäfer beobachtet?

Sie haben einen Maikäfer gefunden? In einer Region, in der die Käfer sonst eigentlich nicht so häufig fliegen? Dann schicken Sie doch ein Foto davon mit Ortsangabe an ullrich.benker@lfl.bayern.de

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