Ettal – Die Benediktiner-Abtei Kloster Ettal im Kreis Garmisch-Partenkirchen blickt auf eine fast 700-jährige Geschichte zurück. Heute präsentiert sie sich als barocke Anlage. Dass sie das aber gar nicht ist, dürfte für viele Besucher eine Überraschung sein.
Der Südflügel, in dem das Haus der Bayerischen Geschichte den Hauptausstellungsbereich eingerichtet hat, ist zum Beispiel erst im Jahr 1903 entstanden – genauso wie das Konvent, in dem aktuell 33 Mönche leben. Andere Klosterbereiche stammen aus dem 18. Jahrhundert, am ältesten ist die Basilika, die gleich nach der Gründung 1330 gebaut wurde. In den folgenden sieben Jahrzehnten blühte Ettal zu einem Machtzentrum samt Ritterakademie auf, fiel im Zuge der Säkularisierung in völlige Bedeutungslosigkeit und schaffte 1900 einen Neuanfang.
Acht Jahre ist der Missbrauchsskandal her, der die Abtei in die Schlagzeilen brachte. Und ein weiteres Kapitel zu der langen Historie zufügte. „Ich finde, dass unser Kloster heute modern ist“, sagt Cellerar Pater Johannes Bauer mit Blick auf den geschichtsträchtigen Ort, der sein Zuhause ist. „Ich habe nicht das Gefühl, in alten Mauern zu leben.“ Vielmehr ist in der Abtei jeden Tag viel los – nicht nur wegen der Tagestouristen, die in die imposante Basilika strömen. Mit dem Gymnasium und dem Internat kommt die Jugend in das Kloster, das ein großer Arbeitgeber in der Region mit einem siebenstelligen Jahresumsatz ist. 170 Männer und Frauen sind beschäftigt: in der Brauerei, der Schnapsdestillerie, dem Klosterladen, im Hotel „Ludwig der Bayer“, das nach dem Klostergründer benannt ist, im Klostermarkt und in der Verwaltung.
Bis zur Landesausstellung Anfang Mai entsteht derzeit noch ein Café im Nordflügel. Einst wurden die Räume als Gewächshaus und zur Fassreinigung genutzt, gleich daneben war der Pferdestall. Zuletzt aßen die Internatsschüler dort im Speisesaal. Darunter: eines der Geheimnisse des Klosters. Denn dort sollte nach der Kuba-Krise 1962 ein Geheimkrankenhaus der Regierung eingerichtet werden. „Die Menschen hatten Angst vor dem Dritten Weltkrieg“, erklärt Pater Johannes. Gebaut wurde tatsächlich. In dem Kellertrakt mit Stahlbetondecke ist aber nie ein Krankenhaus eingezogen. Zur Freude von Generationen von Internatsschülern: Sie richteten sich dort unten nämlich „Die Kneipe“ ein. Einen urgemütlichen Partyraum, der wohl viele Geschichten erzählen könnte.
Eine Anekdote gibt es auch zum Ausstellungstrakt auf der anderen Seite der Anlage. Die Räume, in denen dem Mythos Bayern auf die Spur gegangen wird, befinden sich im ersten Stock des Südflügels – der früher mal ebenerdig war. Einer seiner Vorgänger, erzählt Pater Johannes, hat diesen Zustand geändert. Weil das Dach marode war. Statt es zu sanieren, hat er lieber Tonnen von Erdreich abgetragen und eine ganz neue Etage unter dem bestehenden Gebäude eingefügt.
Ein besonderer Bauherr war auch Ludwig II. im Ettaler Gemeindegebiet. Schloss Linderhof reichte dem Märchenkönig nicht, er hatte noch viel vor. Was, das wird ab dem 3. Mai bei einer faszinierenden 3D-Präsentation gezeigt. Der dafür gebaute, zehn Meter hohe Holzpavillon ist die Attraktion der Landesausstellung – und das Tor zur Gedankenwelt des Märchenkönigs.
Die Landesausstellung
findet vom 3. Mai bis 4. November im Kloster Ettal statt. Öffnungszeiten: täglich 9 bis 18 Uhr. Vom Bahnhof Oberau fährt ein Shuttlebus zum Kloster. Eintritt: zwölf Euro, für Kinder und Jugendliche zwei Euro.