Landkreise fordern 1450 Stellen von Söder

von Redaktion

Fehlendes Personal ist „Wachstumsbremse“ – Auch bei der digitalen Bildung zu wenig Fortschritte

München – Der zunehmende Personalmangel an den Landratsämtern bremst die wirtschaftliche Entwicklung im Freistaat. Der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Christian Bernreiter (CSU), hat die fehlenden Stellen bayernweit hochgerechnet. Demnach fehlen im Schnitt pro Landratsamt 20 Stellen. Bei 71 Landkreisen macht das zusammen rund 1450 Köpfe. „In allen staatlichen Ämtern fehlt das Personal“, klagte Bernreiter im Vorfeld der Landkreisversammlung in Weißenhorn bei Neu-Ulm.

Dort ist am Mittwoch auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt. Ihn möchte Bernreiter nicht schonen. Viele Beamte griffen zum Mittel, sich per Überlastungsanzeige vor überbordender Arbeit zu schützen, schildert Bernreiter. Auch Fälle von „Burn out“ häuften sich.

Als bloßes Jammern möchte der CSU-Politiker, der selbst Landrat in Deggendorf ist, seine Forderung nicht verstanden wissen. Die vorhandenen Lücken seien „echte Wachstumsbremsen“. Vor allem dringend notwendige Infrastrukturprojekte blieben liegen. Es fehle Personal an den staatlichen Bauämtern, den Wasserwirtschaftsämtern, den Unteren Naturschutzbehörden und weiterhin auch bei den Veterinärämtern. Der Freistaat habe aus dem Skandal um Bayern-Ei nicht viel gelernt, sagte Bernreiter, denn nach wie vor seien Veterinäre mit der Kontrolle von Lebensmittelgroßbetrieben überfordert. „Bei Weitem ist da nicht die Entlastung eingetroffen, die wir uns erhofft haben.“ Schmerzlich vermisst würden an Landratsämtern auch Technische Umweltingenieure, die zum Beispiel für Lärmschutzgutachten zuständig sind. Ohne diese Fachleute werde die angestrebte verdichtete Bebauung in vielen Innenstädten schwierig werden, so der Landrat.

Neben der Stellensituation mahnt Bernreiter auch Fortschritte auf anderen Arbeitsgebieten an. So laufe die Digitalisierung an den Schulen noch zu langsam. Es gebe keine verpflichtenden Standards – und weil der Staat nichts zum Kauf von Hard- oder Software vorschreibe, greife das Konnexitätsprinzip nicht. Daher könnten die Landkreise und Städte als Schulträger auch keine Kosten ersetzt bekommen. Jeder Einzelposten wird neu verhandelt. Aktuell schwelt der Streit zum Beispiel darüber, ob der Staat für Systembetreuer zahlt – allein der Landkreis Cham beschäftigt vier Computerexperten für seine Schulen.

Das Thema treibt auch den Bayerischen Städtetag um – der Augsburger OB Kurt Gribl (CSU) will sich am Mittwoch dazu äußern. Bernreiter selbst propagiert als ersten Schritt den Aufbau einer bayernweit „Schulcloud“. Eine beliebte andere Forderung, dass jeder Schüler ein eigenes Tablet bekommen soll, sieht der Landrat skeptisch. Das würde bei 4800 Schulen in Bayern 300 Millionen Euro kosten.

Ebenfalls ums Geld geht es bei den Krankenhäusern, denen die jüngste Tariferhöhung für den öffentlichen Dienst zu schaffen macht. Bernreiter fordert, dass die Erhöhung um 7,5 Prozent in 30 Monaten komplett durch den Bund ausgeglichen werden müsse. Dies stehe so auch im Vertrag der Großen Koalition. Umso mehr ärgert er sich, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) jüngst mit einer Forderung nach einer Senkung der Krankenkassenbeiträge Schlagzeilen machte. Diese passe mit der aktuell sehr angespannten finanziellen Lage vieler Kliniken „hinten und vorne“ nicht zusammen.

dirk walter

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