Mittenwald – Blasen an den Füßen, aber im Gesicht ein glückliches Strahlen – die Münchnerin Constanze Gathen (26) und Lisa Pränger (30) aus Otterfing (Landkreis Miesbach) sind in der Nacht zum Sonntag über sich hinausgewachsen. Sie sind in weniger als 23 Stunden hundert Kilometer zu Fuß gegangen, von München bis nach Mittenwald im Landkreis Garmisch-Partenkirchen – ohne Rast, ohne Schlaf, dafür mit um so mehr Willen zum Durchhalten.
„Nachts so ab drei Uhr war es schon ziemlich zach“, sagt Lisa Pränger. Die Physiotherapeutin hat es dennoch geschafft, weiterzugehen. „Obwohl ich im Dunklen so müde war, dass ich irgendwann gar keine Lust mehr hatte. Aber als dann die Sonne aufging, war alles gleich wieder viel leichter und mit dem Licht kam auch die Energie zurück“, erzählt sie am Sonntagabend im Ziel. „Nicht die körperliche Herausforderung ist das Schwierigste. Ob man so einen Lauf schafft, entscheidet sich im Kopf.“
Für die Teilnehmer gab es unterwegs vier Verpflegungsstationen mit Obst, Getränken und Müsliriegeln. Wer nicht die gesamte Strecke schaffte, darf dennoch stolz auf sich sein, sagt Marko Kamischke, einer der Veranstalter des Mega-Marsches. Wer 40 Kilometer marschiert, bekommt eine Urkunde, ebenso, wer die 60- oder die 80-Kilometer-Marke schafft. „Das ist in allen Fällen eine Leistung. Die meisten Menschen laufen ihn ihrem Leben nicht einmal 40 Kilometer am Stück“, sagt Marko Kamischke. Der Mega-Marsch fand im vergangenen Jahr zum ersten Mal bei München statt, damals mit 1000 Teilnehmern. Heuer waren die Karten schnell ausverkauft, das Interesse war riesig – was sicher auch an der traumhaften Strecke größtenteils entlang des Jakobwegs liegt.
Bei Sonnenaufgang waren Lisa Pränger und ihre Begleiterin kurz vor Kochel. Dass sie so gut durchhielt, habe sie selbst ein wenig erstaunt, sagt Lisa Pränger: „Ich bin an sich nicht besonders sportlich, gehe gerne wandern, aber das war es dann auch.“ Am Schluss des 100-Kilometer-Marsches hatte sie noch so viel Energie, dass sie und ihre Freundin sogar noch einen Zielsprint einlegten.
Die Nacht über begleitete die beiden noch ein Freund. Dem wurden die Powerfrauen aber zu schnell, und so ließ er sie vorlaufen. Bei Laune gehalten haben sich die drei anfangs durch Gespräche. Nachts aber gingen alle drei still vor sich hin, meditierten, hörten Musik oder Hörbuch. „Man kann nicht 23 Stunden lang ratschen“, sagt Lisa Pränger. Auch Schweigen tut gut. Das lange Laufen helfe dabei, Geist und Seele zu sortieren. „Ich brauche das, ich habe auch schon an einer Alpenüberquerung und am Karwendelmarsch teilgenommen und mich danach sehr gut gefühlt“, sagte sie. Es geschafft zu haben, macht glücklich, sagt auch Constanze Gathen, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Bundeswehruni. Sie war stolz auf sich. Denn bereits nach 40 Kilometern hatten ihre Gelenke zu schmerzen begonnen. Auf den letzten Kilometern bemerkte sie auch noch schlimme Blasen an ihren Füßen. Diese Wehwehchen wird sie vergessen. Aber das Gefühl, es geschafft zu haben, an das wird sie immer gerne zurückdenken.