Nachgefragt . . .
Ein besonderer Pilgerzug startet Sonntagfrüh am Münchner Ostbahnhof: 40 Menschen mit Erkrankungen oder Behinderungen machen sich begleitet von Ärzten, Pflegern, Geistlichen und Freiwilligen auf den Weg ins französische Lourdes. Den Zug organisiert die Deutsche Assoziation des Malteser Ritterordens. Nikolaus von Lüninck ist seit 20 Jahren dabei.
-Herr von Lüninck, eine Pilgerreise mit kranken Menschen bis nach Lourdes – das ist ganz schön weit. Wäre eine Fahrt nach Altötting nicht einfacher?
Da ist was dran (lacht). Aber Lourdes ist ein Ort, der geschichtlich bedingt ganz besonders auf Menschen mit Krankheiten und Gebrechen eingeht, schon seit den Marienerscheinungen 1858. Und das Unterwegssein spielt beim Pilgern eine besondere Rolle. Wir fahren rund 24 Stunden mit dem Zug – wer sich auf eine solche Reise macht, schält sich aus dem Alltag heraus.
-Wer darf mit?
Wir sind offen für alle. Im Zug können auch Schwerstbehinderte und Rollstuhlfahrer mitfahren. Und es gibt immer eine große Gruppe unversehrter Pilger, die uns begleitet. Insgesamt sind wir 120 Leute.
-Was für eine Stimmung herrscht auf der Reise?
Auf der Hinfahrt: große Vorfreude und Erwartungshaltung, sowohl beim Team als auch bei den Betreuten. In den Liegeabteilen herrscht reger Betrieb, es wird viel geredet. In den vier Tagen vor Ort feiern wir regelmäßig die heilige Messe – auch an der Mariengrotte – und beten gemeinsam. Und natürlich lassen wir es uns auch gut gehen. Dieses Kreuz, das man als Kranker trägt, kann man in Lourdes eine Zeit beiseitestellen.
-Fällt da die Rückkehr nicht schwer?
Viele suchen noch mal das Gespräch mit den Seelsorgern, die uns begleiten, diskutieren, wie es weitergeht. Aber die Zeit in Lourdes ist eine Zeit zum Durchatmen. Die Menschen kommen selbstbestimmt und entschlossen zurück in den Alltag.
-Ist Pfingsten als Termin bewusst gewählt?
Zunächst ist der Grund ein praktischer: Wir fahren jedes Jahr um die gleiche Zeit, das macht es für die Leute planbar. Und Pfingsten als Hochfest der Kirche ist natürlich ein schöner Anlass.
-Was motiviert Sie zu diesem Organisationsaufwand?
Die Freude derer, die wir betreuen, ist ansteckend. Beeindruckt hat mich zum Beispiel ein älterer Herr, der seit seiner Kindheit spastisch gelähmt ist. Der hat zu mir gesagt: „Ich bin der glücklichste Mensch auf der Welt.“ Ich habe ihn kaum verstanden, weil er sich mit dem Sprechen so schwertut. Er hat mir dann erklärt, dass er durch Lourdes so fest im Glauben steht, dass er die Kraft daraus zieht, mit seinem Gebrechen zu leben. Der Mann ist eins mit sich, das ist umwerfend.
– Haben Sie in Lourdes schon mal ein Wunder erlebt?
Viele. Bei einem Wunder denkt man ja sofort ans Gesundwerden von jemandem, der vorher krank war. Aber Wunder heißt für mich auch Heilung an der Seele. Ein Anfreunden mit dem Kreuz, das man zu tragen hat. Das habe ich oft erlebt.
Interview: Josef Ametsbichler