Forsttag in Weihenstephan

Was der Wolf am liebsten frisst

von Redaktion

von Dominik Göttler

Freising – Wenn jemand weiß, was der Wolf am häufigsten frisst, dann Paul Lippitsch. Wird eines der Raubtiere in Deutschland tot aufgefunden, sind die Chancen hoch, dass der Magen des Tieres bei Lippitsch und seinen Kollegen landet. Der Forscher vom Senckenberg Museum für Naturkunde im sächsischen Görlitz hat nicht nur eine ganze Reihe von Wolfsmägen nach deren Inhalt untersucht, sondern auch 7573 Häufchen von Wolfsexkrementen im wahrsten Sinne des Wortes unter die Lupe genommen. Und bei der Untersuchung dieser knochen-, fleisch- und haarhaltigen Hinterlassenschaften lernt man nicht nur, dass Wildschweine Spliss haben und sich schon mal eine komplette, zehn Zentimeter lange Hirschrippe den Weg durch einen Wolfsdarm bahnt, sondern auch, wovon sich der Wolf in Deutschland am liebsten ernährt.

Die Leibspeise der untersuchten Raubtiere war ganz eindeutig das Reh. Mehr als 50 Prozent der Nahrungsreste im Kot stammten davon – egal aus welcher Region die Wölfe kamen. Auch beliebt: Wildschwein, Rot- und Damwild und vereinzelt sogar Biber. Auffällig ist der extrem seltene Fund von Nutztier-Resten. „Unter zwei Prozent“, sagt Lippitsch. Sogar Reste kleiner Säuger wie der Spitzmaus oder von Äpfeln und Mais wurden häufiger gefunden als Schaf und Kalb.

Das ist nur eine von vielen Erkenntnissen, die die Teilnehmer des 29. Weihenstephaner Forsttages aus Wissenschaft und Praxis am Freitag in Freising gewannen. In diesem Jahr drehte sich alles um den Wolf und darum, welche Auswirkungen seine Rückkehr in Deutschland auf das Ökosystem Wald hat. Während in Bayern bislang erst an drei Orten standorttreue Tiere nachgewiesen sind, ist die Population in anderen Bundesländern schon deutlich dichter. Insgesamt 60 Wolfsrudel, 16 Paare und zwei territoriale Einzelwölfe wurden bei der letzten Bestandsaufnahme in Deutschland verzeichnet.

Allein elf Wolfsterritorien liegen in Sachsen-Anhalt, wie Antje Weber vom Wolfskompetenzzentrum in Iden berichtet. Dieses Zentrum kümmert sich nicht nur um ein umfangreiches Monitoring, sondern bietet auch Beratung für Tierhalter. Weber berichtet von Erfolgen eines Pilotprojekts mit einem Elektrozaunsystem für kalbende Kühe auf der Weide. Seit die Zäune aufgestellt wurden, habe es keine Risse mehr gegeben. „Herdenschutz im Flachland kann funktionieren“, ist ihre Erfahrung. Weber erklärt auch, dass bei rund einem Drittel der Fälle, die ihrem Zentrum als vermeintliche Wolfsrisse gemeldet werden, am Ende doch ein Hund der Übeltäter war.

Ob das Ausbreiten des Wolfs in Deutschland eine direkte Folge auf den Bestand seiner Beute hat, ist laut den Forschern noch immer nicht belegbar geklärt. Nur in einer Sache ist sich Marco Heurich von der Universität Freiburg sicher: „Der Wolf ist kein Mittel, um die Afrikanische Schweinepest in den Griff zu bekommen.“ Dafür gibt es viel zu viele Wildschweine – und die sind auf der Speisekarte des Wolfs ohnehin nicht die erste Wahl.

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