Gewitter-Region Garmisch-Partenkirchen

An den Alpen blitzt es besonders oft

von Redaktion

von Dominik göttler

Garmisch-Partenkirchen – Wenn es im Osten von München so richtig scheppert und blitzt, sitzt Damian Warmula oft längst im Auto und eilt zum Zentrum des Unwetters. Der 34-Jährige aus Markt Schwaben (Kreis Ebersberg) ist Gewitterjäger. In seiner Freizeit versucht der chemisch-technische Assistent so viele Blitze wie möglich mit seiner Kamera einzufangen. „Die Naturgewalt fasziniert mich einfach“, sagt er. „Wenn das Gewitter langsam aufzieht und die Wolken sich wie ein Mutterschiff über den Himmel legen, da bekomme ich jedes Mal wieder ein flaues Gefühl im Magen.“ Adrenalinschübe wie bei einer Achterbahnfahrt. Und obwohl er regelmäßig mit zu wenig Schlaf in die Arbeit kommt und der Blitz schon einmal nur 75 Meter von ihm entfernt eingeschlagen hat, ist Warmulas Begeisterung ungebrochen.

443 000 Mal hat im vergangenen Jahr in Deutschland der Blitz eingeschlagen. Das hat der Blitz-Informationsdienst von Siemens gezählt. Die größte Blitzdichte der gesamten Bundesrepublik herrscht im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Wenn die Bedingungen passen, kann Warmula das Leuchten am Himmel dort sogar von Ebersberg aus beobachten. Rund um Garmisch-Partenkirchen wurden 2017 im Schnitt 3,51 Blitzeinschläge pro Quadratkilometer registriert. Kurz danach folgen die hessischen Landkreise Main-Taunus und Gießen. Das Bundesland mit den meisten Blitzen in Relation zur Fläche ist Sachsen. Und der Ort, in den Warmula wohl nie ziehen wird, ist Pirmasens in Rheinland-Pfalz: Dort schlugen nur 0,16 Blitze pro Quadratmeter ein – und damit die wenigsten in ganz Deutschland. Keine Heimat für Gewitterjäger.

Der Landkreis Garmisch-Partenkirchen ist als Spitzenreiter keine Überraschung. Denn seit 1999 werden die Daten erfasst – und auch im Langzeitvergleich liegt die Marktgemeinde an der Zugspitze ganz vorne, gefolgt vom Landkreis Berchtesgadener Land. Das hat einen nachvollziehbaren Grund: „Im Alpenvorland stauen sich die Wolkenmassen“, erklärt Stephan Thern, Leiter des Blitzinformationsdienstes. Wenn sie dann von den nachfolgenden Wolken den Berg hochgeschubst werden, entstehen Blitze.

Besonders starke Einschläge wurden im Landkreis Garmisch-Partenkirchen in Wallgau, in Ober- und Unterammergau sowie rund um den Staffelsee gemessen. Ganze fünf bis sechs Blitze pro Quadratmeter wurden zudem im Nachbarlandkreis Weilheim-Schongau in den Gemarkungen Habach und Sindelsdorf verzeichnet. Doch das sind Extremfälle, der Schnitt liegt im Landkreis deutlich niedriger. Auch die Landkreise Miesbach und Bad Tölz sind mit den Kommunen im Allgäu unter den blitzreichsten Regionen Bayerns.

Im Münchner Stadtgebiet ist die Blitzdichte mit rund 1,5 Einschlägen pro Quadratmeter dagegen eher durchschnittlich. Die wenigsten Blitze wurden in der kleinsten kreisfreien Stadt Bayerns registriert: Im mittelfränkischen Schwabwach gingen 2017 genau elf Blitze nieder.

Erstaunlich ist allerdings, dass die Zahl der Blitzeinschläge in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren deutlich zurückgegangen ist (siehe Grafik). Noch 2007 haben über eine Million Blitze im Jahr eingeschlagen. In den vergangenen Jahren seien schlicht die Voraussetzungen für blitzreiche Gewitter nicht gegeben gewesen, erklärt Thern. „Die Kaltwetterfronten waren oft nicht so ausgeprägt.“ Wenn diese nach einer starken Hitzewelle ausbleiben, senke das den Schnitt ganz erheblich.

Schützen kann man sich vor den Blitzen am besten im Auto oder in Gebäuden. Wer im Freien überrascht wird, sollte Bäume, Masten, Zäune und Gewässer meiden und sich möglichst klein machen. Das gilt besonders, wenn man gerade in den Bergen unterwegs ist.

Einer, den die Nachricht von der Blitz-Hauptstadt Garmisch-Partenkirchen eher beunruhigen müsste, gibt sich dennoch gelassen. Klaus Straub, Kommandant der Feuerwehr Partenkirchen, sagt, mit Blitzeinschlägen hätten er und seine Kameraden eher selten zu kämpfen. „Klar trifft es hin und wieder mal einen Baum, aber den löscht der Regen dann meist selbst.“

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