ADFC warnt Eltern

Schlechtes Zeugnis für Radl-Kinder

von Redaktion

von corinna erhard

München – Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) ist besorgt. „Es ist erschreckend, wie unsicher viele Kinder auf dem Fahrrad sind“, sagt Petra Husemann-Roew, Landesgeschäftsführerin des ADFC in Bayern. Es fehle an der nötigen Motorik und Koordination. „Manche Kinder sind das Radfahren überhaupt nicht gewohnt.“

Dafür gebe es mehrere Gründe. In erster Linie habe sich das Freizeitverhalten geändert. „Viele nutzen das Fahrrad im Alltag nicht mehr.“ Als begeisterte Radlerin und Mutter von zwei Kindern gibt sie die Faustregel vor: „Bei einer Strecke unter fünf Kilometern ist das Fahrrad das beste Verkehrsmittel.“ Gerade im städtischen Bereich komme man schneller von A nach B, „und die Parkplatzsuche entfällt“.

Auch weil Kinder heute viel Zeit vor Computer und Handy verbrächten, nähmen Aktivitäten im Freien ab. Hier appelliert sie an die Eltern: „Papa und Mama sollten Vorbilder sein, die Kinder machen ihnen das Verhalten ja nach.“ So könnten diese beispielsweise mit den Kindern auf gewohnten Strecken das Radeln einüben und auf spielerische Weise Bewusstsein für den Straßenverkehr wecken. „Viele Eltern denken, wenn die Fahrradprüfung in der vierten Klasse bestanden ist, dann können die Kinder allein radfahren. Aber es braucht Übung!“ Das sei beim Schwimmenlernen nicht anders.

Wie Petra Husemann-Roew beobachtet hat, gehen auch Sicherheitsbewusstsein, Bequemlichkeit und Zeitprobleme vieler Eltern zulasten des Radelns. Stichwort Elterntaxi. „Kinder werden lieber mit dem Auto hin und her gefahren, anstatt sie Fahrrad fahren zu lassen.“ Viele Eltern hätten Ängste, ihr Kind zu Fuß oder mit dem Fahrrad allein in den Verkehr zu lassen. Solche Ängste kann die Fahrradexpertin nachvollziehen. „Der Verkehr wird immer mehr. Es gibt weniger Platz für Fußgänger und Radfahrer.“ Deshalb fordert der ADFC eine bessere Infrastruktur, mehr Radlwege und separate Radfahrspuren anstelle von optisch abgegrenzten Spuren im Autoverkehr. „Alle müssen sich sicher fühlen können.“

Um die Motorik und Koordination der Kinder zu verbessern, rät der ADFC zu mehr statt immer weniger Sport in Schulen und in der Freizeit. „Kinder sollten Sportangebote nutzen, zum Beispiel im Turnverein und im Fußballverein. Sie brauchen wieder mehr Bewegung im Alltag.“ Und sie benötigen ein Fahrzeug, das in Größe und Gewicht zu ihnen passt. „Am Fahrrad sollte man nicht sparen, es soll Spaß machen.“

Für den Anfang gilt das Laufrad als beste Wahl, etwa ab dem Alter von zwei oder drei Jahren. „So lernen die Kinder, Gleichgewicht zu halten“, erklärt Petra Husemann-Roew. „Dann bietet sich ein Roller an, bevor die Kinder mit vier, fünf Jahren aufs Fahrrad umsteigen.“

Diese Entwicklungsschritte blieben Christian Springer verwehrt. Wie der bayerische Kabarettist in einem Brandbrief gegen Radl-Rambos schreibt, stieg er erst mit zwölf Jahren das erste Mal auf ein Radl. „Aber da war es zu spät“, bekennt Springer. Er habe sich geschämt, vor aller Kinderaugen zu üben, wo es doch die anderen seit Jahren schon geschickt konnten. Die Folge: „Noch heute kann ich mich nicht sicher durch den Verkehr bewegen.“ Dieser Missstand sollte der heutigen Laufrad-Generation erspart bleiben.

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