Hallbergmoos/St. Wolfgang – Apfelrot, Birnengrün, Quittengelb und Zwetschgenlila sind die Modefarben dieses Sommers. Jedenfalls, was das Erscheinungsbild der Obstbäume in der Region angeht. Oberbayern steht heuer eine reiche Ernte ins Haus. Die Region ist so etwas wie eine reife, süße Insel der Glückseligkeit, beobachtet Michael Neumüller vom Bayerischen Obstzentrum in Hallbergmoos (Landkreis Freising).
„Bei uns hat es gerade noch genug geregnet“, sagt der Agraringenieur und Obstspezialist. Das ist längst nicht überall so. Obstbäume sind ohnehin recht genügsam, doch in Norddeutschland, aber auch in Franken und am Bodensee war es vielen Früchten heuer zu trocken: Erträge von Hobbygärtnern und Profi-Obstzüchtern leiden dort gleichermaßen.
Ganz anders in den Gärten und auf den Streuobstwiesen in der Region. Die sind normalen Jahrgängen in der Reife gut zwei Wochen voraus. Apfel- und Zwetschgenbäume ächzen bis zum Astbruch unter ihrer bunten Last. „Da hilft nur, die Bäume so gut es geht mit Brettern oder Leitern abzustützen bis zur Ernte“, sagt Neumüller. Besser für Geschmack und Fruchtgröße sei es, schon Ende Mai überzählige Früchte zu entfernen.
Doch auch jetzt, vor und bei der Ernte gibt es noch ein paar Kleinigkeiten zu beachten. „Auf keinen Fall an einem Tag alles runterreißen“, warnt der Obstexperte. Ein Baum brauche drei Pflückdurchgänge im Abstand von vier bis fünf Tagen, um schonend abgeerntet zu werden. Außerdem sei es ratsam, Bäume und Sträucher bis zum Schluss zu gießen, je größer das Gewächs, desto ausgiebiger. „Auch bei uns ist es so trocken, dass das einen spürbaren Unterschied macht“, sagt Neumüller.
Übrigens vertragen nicht alle hiesigen Sorten die Hitze. Während die Kirschernte gut gelaufen sei („Perfekte Fruchtqualität, keine Fäulnis!“) und den Birnen die Wärme besonders tauge, hat der Obstzüchter schon Hitzeschäden bei manchen Zwetschgen festgestellt. Auch bei hitzeempfindlicheren Apfelsorten wie Elstar oder Jakob Fischer litten Konsistenz und Geschmack. Neumüller ist sich sicher, dass der Klimawandel dafür sorgen wird, dass Obstbauern langfristig zu hitzebeständigeren Sorten wie Fuji oder seiner Eigenzüchtung namens Sonnenglanz übergehen: „Das Spektrum wird sich wandeln.“
Ob grün, rot oder gelb, Boskop, Braeburn oder Bittenfelder: Bei Burgi Lohmeier bekommen alle Apfelsorten die gleiche Behandlung: erst ins Wasserbad, dann durch den Häcksler, ab in die Presse, durch den Erhitzer und in den Fünf- oder Zehn-Liter-Beutel. 20 Zentner die Stunde. Lohmeier hat die Planungshoheit über die Saftpresse des Gartenbauvereins von Sankt Wolfgang (Landkreis Erding). Und wie alle Vereine, die gegen eine kleine Gebühr Äpfel in schmackhaft-naturtrüben, haltbaren Apfelsaft verwandeln, quetschen die Sankt Wolfganger heuer schon kurz nach Erntebeginn Zentner um Zentner wie selten zuvor.
Schon in der ersten Woche lief die Presse volle zwei Tage durch, statt wie sonst nur einen halben. „Wir haben dieses Jahr eine Woche früher angefangen als sonst, weil sich schon so viele Leute gemeldet haben“, erzählt Lohmeier. Saftpressen ist in einem Fülle-Jahr wie diesem eben Trendsport. Anders kommen viele Hobby-Obstbauern ihrer Ernte auch gar nicht mehr bei.
Auch Burgi Lohmeier wird wohl einen Teil ihrer eigenen Ernte durch die Presse jagen lassen. „Der Saft schmeckt viel vollmundiger als der aus dem Supermarkt“, sagt sie. „Am liebsten mag ich ihn pur.“