München – Morena d’Atoé ist im Stress und hat daran ihre helle Freude. „Die Tage sind sehr lang“, sagt die Chefin der Eisdiele Gondola in Wasserburg am Inn. Die ausdauernde Sommerhitze hat das Geschäft angekurbelt – wenn der Herbst einigermaßen mitspielt, sei sogar eine Rekordsaison möglich. Angesichts von 24 Sommern, die die Familie d’Atoé das Eiscafé in Wasserburg schon betreibt, ist das schon eine Ansage.
Kein Wunder, dass die Schulkinder in Klassenstärke an die Theke drängen und dass die erwachsenen Eisfans, wenn die d’Atoés um 22 Uhr Feierabend machen wollen, schon mal um Verlängerung bitten: Der Zeitraum von April bis August könnte der wärmste und trockenste in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 gewesen sein. Da steigt die Lust auf Eis. Seit Anfang April ist gefühlt der Sommer da – laut dem Deutschen Wetterdienst war es bis Ende Juli im Schnitt 3,6 Grad wärmer als im langjährigen Vergleich. „So sollte es auch nächstes Jahr wieder sein“, sagt Morena d’Atoé und lacht. Endgültig steht aber erst Ende August fest, ob tatsächlich Rekorde purzeln.
Unumstrittener meteorologischer Spitzensommer – die Wetterexperten zählen dazu nur die Monate Juni bis August – bleibt aber jener aus dem Jahr 2003. 19,6 Grad Durchschnittstemperatur und 785 Sonnenstunden: unerreicht. Den Sommer 2018 zeichnet da eher aus, dass er sich nicht um Datumsvorgaben schert und Durchhaltevermögen beweist.
Wobei – jetzt geht der Hitze so langsam die Puste aus, kündigt der Münchner DWD-Meteorologe Guido Wolz an. Am Wochenende rechnet er damit, dass der wochenlange Hochdruck-Einfluss nachlässt und sich der Sonntag sogar zu herbstlich-regnerischen 14 bis 18 Grad hinreißen lässt. Danach könnte es noch mal etwas wärmer werden – Wolz rechnet mit bis zu 23 Grad –, doch mit der Mega-Hitze sollte es dann vorbei sein.
Fred Stautner, Bademeister im Grafinger Freibad (Kreis Ebersberg), kann mit der Abkühlung leben. „Vielen langt es inzwischen mit dem Sommer“, hat er bei seinen Badegästen beobachtet. Jeden Tag mit den Kindern ins Freibad – irgendwann hält das auch die hartgesottenste Badenixe nicht mehr durch. „Es waren mehr Leute auf mehr Tage“, zieht Stautner eine sehr zufriedene Saison-Vorbilanz. Komplett überrannt worden sei die Grafinger Anlage aber nicht, der Andrang habe sich auf die vielen heißen Tage gut verteilt.
Dabei war Wasser heuer ansonsten eher rar: Es regnete bislang diesen Sommer mit bundesweit im Schnitt 113 Litern pro Quadratmeter weniger als halb so viel als im langjährigen Mittel. Die Folge: Dürre auf den Feldern, ausgetrocknete Teiche und Flüsse, vielerorts Waldbrandgefahr.
Aber es gibt ja Alternativen zum Wasser, die man beispielsweise im Biergarten findet. Unter den Bäumen und Sonnenschirmen am Ufer der Loisach, im 250 Sitzplätze umfassenden Biergarten der „Flößerei“ in Wolfratshausen hält André Seibicke für seinen urlaubenden Chef die Stellung. Von der ersten Stoßzeit am Mittag bis abends um zehn gebe es für Küche, Ausschank und Service reichlich zu tun, berichtet er. Stammgäste und Touristen – alle zog es den ganzen Sommer über nach draußen. Seibickes Fazit: „Die Saison läuft richtig gut.“
Mit dieser Beobachtung ist er nicht allein: 6,3 Prozent mehr Umsatz als im Vorjahresmonat machte das bayerische Gastgewerbe beispielsweise im Juni, verkündete gestern das Landesamt für Statistik. Am meisten profitierten – wenig überraschend – Restaurants, Gaststätten und Eisdielen. (mit lby)