Hilfe nach Dürreschäden

Staatlicher Löscheinsatz

von Redaktion

Von Claudia Möllers

München/Berlin – Eine Milliarde Euro hatte der Deutsche Bauernverband (DBV) an staatlichen Hilfen angesichts der Ernteeinbußen 2018 gefordert. Gestern wurde gut ein Drittel des Geldes in Aussicht gestellt. „Man muss in so einer schwierigen Situation, die existenzbedrohend ist für viele Höfe, auch für kleinere Hilfen dankbar sein“, sagt der Vizepräsident des Bayerischen Bauernverbands, Günther Felßner, auf Nachfrage. Die Milliarde sei als eine Hausnummer gesetzt worden – angesichts von Ertragsverlusten von mehreren Milliarden in Deutschland. „Jetzt ist es einfach wichtig, dass die Gelder gezielt an die Höfe kommen, die existenzbedroht sind.“

Das sind jene 10 000 Bauernhöfe, die mehr als 30 Prozent der durchschnittlichen Jahreserzeugung verloren haben. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) hatte die staatliche Hilfe für die Landwirtschaft von der Erntebilanz abhängig gemacht. Gestern nun war es so weit: Nach den vorläufigen Ergebnissen liegen die Erträge je Hektar um 16 Prozent unter dem Schnitt der vergangenen drei Jahre. Am stärksten betroffen sind Schleswig-Holstein (-31 Prozent), Brandenburg (-27 Prozent), Sachsen-Anhalt (-26 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (-25 Prozent). In Bayern müssen die Bauern nach Informationen des Statistischen Landesamts mit Einbußen von rund elf Prozent rechnen. Während 2017 noch etwa sieben Millionen Tonnen Getreide von den Feldern geholt wurden, dürften es 2018 nur noch 6,2 Millionen Tonnen werden. In Oberfranken wird sogar ein Rückgang von 20 bis 30 Prozent geschätzt.

Die staatlichen Hilfen reichen laut Felßner aber nicht, alle Schäden auszugleichen. Einbußen habe fast jeder Landwirt in Deutschland zu beklagen. „Die Bauern werden diese drei bis vier Milliarden Euro Verluste tragen müssen.“ Während Ackerbauern wegen steigender Preise für das verbliebene Getreide noch einen gewissen Ausgleich erzielen könnten, treffe die Dürre die Tierhalter umso härter. „Für die Tierhalter steigen die Futterkosten enorm. Das Problem ist: Beim Fleisch und bei der Milch steigen die Preise nicht. Im Gegenteil: Weil immer mehr Kühe geschlachtet werden, fallen die Preise.“ Hier sieht Felßner die „Marktpartner“ in der Pflicht, die Preise für Fleisch und Milchprodukte zu erhöhen. Die Verbraucher würden das verstehen und seien bereit, mehr zu bezahlen. Auch der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) fordert die Molkereien auf, bei der Ernährungsindustrie und beim Einzelhandel nachzuverhandeln und höhere Preise zu fordern. „Die Milcherzeugerpreise müssen um mindestens zehn Cent angehoben werden“, so BDM-Vorsitzender Stefan Mann. In Kombination mit dem staatlichen Hilfsprogramm könne so die Notsituation milchviehhaltender Betriebe überbrückt werden. Noch unklar ist, wann das Geld an die Bauern ausgezahlt wird. In Bayern wird am 4. September im Kabinett über die bereits angekündigte Futterbeihilfe entschieden. „Dann ist auch eine Antragsstellung möglich“, sagt ein Sprecher des Agrarministeriums.

Die Grünen im Landtag fordern angesichts der staatlichen Nothilfen ein Umsteuern „hin zu einer klimaangepassten und klimaschonenden Landwirtschaft“. Für Felßner ein unpassender Zeitpunkt: „Man muss wissen, was man wann sagt. Wir reden jetzt darüber, dass Betriebe akut im August nicht wissen, wie sie im November ihre Kühe füttern und wie sie das bezahlen sollen.“ Natürlich sei jedem klar, dass man sich langfristig um den Klimawandel, um wassersparende Anbaumethoden und Bewässerungslandwirtschaft kümmern müsse. Jetzt aber brenne es, da müsse man löschen. Und dann könne man darüber nachdenken, wie man die Landwirtschaft krisenfester mache. Die Finanzhilfe des Staates sei für die Bauern ein ganz starkes psychologisches Signal: „Wir haben das Gefühl, da steht jemand hinter uns.“

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