München – „Stoppt das Sterben im Mittelmeer“ – mit dieser Botschaft gehen seit einigen Wochen tausende Menschen in vielen deutschen Städten auf die Straße. Organisiert werden die Demonstrationen von dem Bündnis „Seebrücke“. Mehr als 30 Organisationen aus ganz Deutschland haben sich zusammengeschlossen, um sichere Fluchtwege und eine Entkriminalisierung der Seenotrettung zu fordern. Kommende Woche sind europaweit Aktionen und Proteste geplant. In Berlin, Barcelona, Paris, Rom oder Brüssel wollen tausende Menschen für Solidarität mit den Flüchtenden demonstrieren. Der Auftakt findet am Samstag mit einer Groß-Demo in München statt.
„Wir haben 1500 Menschen angemeldet“, berichtet Tobias Holl, Sprecher der Initiative „Seebrücke“ in München. Beginn ist um 14 Uhr mit einer Kundgebung am Europaplatz. Die Demo startet um 15 Uhr, um 17.30 Uhr ist eine Abschlusskundgebung auf dem Marienplatz geplant. Dort wird unter anderem Claus-Peter Reisch, der Kapitän der „Lifeline“, sprechen. Er muss sich aktuell für einen Seenotrettungseinsatz im Juni vor einem Gericht in Malta verantworten (wir haben berichtet). Auch Benedikt Funke, der Kapitän der vor einem Jahr beschlagnahmten „Iuventa“, und Michael Buschheuer, der Gründer der Regensburger Organisation Sea-Eye, werden reden.
Laut UNHCR sind allein im Juni und Juli dieses Jahres 851 Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer gestorben, seit Jahresbeginn waren es 1500. Seit Juni sind fast alle Schiffe von privaten Rettungsorganisationen in Häfen festgesetzt oder ihnen wird das Einlaufen in Häfen verwehrt – aktuell dürfen die 150 Migranten auf dem Schiff „Diciotti“ der italienischen Küstenwache im Hafen von Sizilien nicht von Bord gehen. „Die Seenotrettung ist ein europäisches Thema“, betont Seebrücken-Sprecher Holl. „Deshalb wollen wir den Protest auf andere europäische Länder ausweiten.“
Die Organisationen werfen den EU-Politikern vor, die private Seenotrettung systematisch zu blockieren und den Tod vieler Menschen in Kauf zu nehmen. Sie fordern, legale Fluchtwege zu ermöglichen und die Lebensbedingungen der Menschen in den Herkunftsländern nachhaltig zu verbessern.
Die Initiatoren der Münchner Demo richten auch einen Appell an die bayerische Staatsregierung. „Wir fordern, die Politik der Abschreckung und Ausgrenzung zu beenden, die Flüchtlinge nicht in Ankerzentren zu isolieren, sondern dezentral unterzubringen und ihnen Arbeit und Ausbildung zu ermöglichen“, sagt Holl.
Die Initiative „Seebrücke“ hatte sich gebildet, nachdem auf Twitter eine Diskussion unter dem Hashtag „Bridges not Walls“ (Brücken statt Mauern) entstanden war. In Anlehnung an die orangefarbenen Rettungswesten hatte die Initiative den „Day Orange“ ausgerufen. kwo