München/Bonn – Religionsvertreter begrüßen den Vorstoß von Seehofer im Kern. So erklärte sich am Freitag der Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Joachim Unterländer, „gerne bereit, sich an einer breiten gesellschaftlichen Debatte“ zu beteiligen. Gerade die im katholischen Laienapostolat engagierten Gläubigen sähen es als ihre zentrale Aufgabe an, sich auf der Grundlage des biblisch-christlichen Menschenbildes gesellschaftspolitisch zu engagieren, so Unterländer. Dazu zähle der Einsatz in Pfarrgemeinderäten, Verbänden und Initiativen auf lokaler wie überregionaler Ebene. Tausende von Ehrenamtlichen nähmen die zahlreichen sozialen, kulturellen, politischen und zwischenmenschlichen Herausforderungen an, um die Botschaft eines menschenfreundlichen Gottes zu verkünden. Davon, so der CSU-Politiker Unterländer, könnten alle Menschen guten Willens profitieren.
SPD und Grüne zeigen sich indes kritisch. „Für mich passt da nichts zusammen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Seehofer spreche die Muslime allenfalls indirekt an und auch über die vielen anderen Religionsgemeinschaften Deutschlands „lese man wenig bis nichts“. Nach ihrer Einschätzung merke Seehofer, „dass seine Politik der Konfrontation scheitert“. Jetzt versuche er umzusteuern und spreche von einem Dialog, den er zuvor erst ins Stocken gebracht habe.
Auch der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sieht nach eigenem Bekunden einen Bruch in Seehofers Vorgehen, erst den Islam zu kritisieren und dann den Dialog zu propagieren. „Die Wandlung vom Saulus zum Paulus ist im Falle von Horst Seehofer denkbar unglaubwürdig“, sagte Stegner.
„Das interreligiöse Gespräch und der gesellschaftliche Diskurs gehören zur guten Tradition des Landes“, sagte eine Sprecherin der Evangelischen Kirche in Deutschland. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, sagte: „Wir begrüßen, dass der Innenminister am Grundgesetz entlang argumentiert und somit einen guten Geist in die Debatte wirft, der besser ist als der aus den vergangenen Diskussionen.“ Er hoffe, dass „die skurrile Islamdebatte nun der Vergangenheit angehört“. Muslime seien „selbstverständlich mit ihrem Glauben ein Teil Deutschlands“. Um Abgrenzung zu überwinden, „müssen wir alle uns auch ein bisschen sprachlich weiterbewegen“, so Mazyek. Nicht nur bei Seehofer, auch in der „muslimischen Community“ werde oft von Mehrheits- und Minderheitsgesellschaft gesprochen.
Zuvor hatte Seehofer in der „Welt“ erklärt, er wolle die „grundlegende Frage“ thematisieren: „Wie gestalten wir das Zusammenleben in einer religiös und weltanschaulich pluraler gewordenen Gesellschaft?“ Dazu werde er mit allen relevanten religiösen Gemeinschaften das Gespräch suchen. cm/kna/dpa