Klage über Stehpaddler

Trendsport mit Schattenseiten

von Redaktion

München – Im Strandbad von Seehausen haben sie jetzt die Reißleine gezogen. Zu viele Beschwerden, Ärger im Wasser und auf der Liegewiese. „Unsere Badeaufsicht rennt nur noch hin und her“, sagt Rosemarie Biehler vom Fremdenverkehrsverein, der das Bad am Ufer des Staffelsees (Kreis Garmisch-Partenkirchen) betreibt. Der Grund ist eine eigentlich recht unverdächtige Wassersportart: Das Stand-Up-Paddeln. Gemächlich und lautlos gleiten die Stehpaddler auf ihren surfbrettgroßen, oft aufblasbaren Boards über Bayerns Seen, sogar Yoga-Übungen gibt es, die man auf dem Wasser absolvieren kann. In den vergangenen Jahren sind immer mehr Menschen auf den Geschmack gekommen, SUP-Kurse, so die gängige Abkürzung, haben regen Zulauf – und kein größeres Gewässer kommt mehr ohne SUP-Verleih aus.

Doch in Seehausen ist der Trend zum Ärgernis geworden: Ab der kommenden Saison sind die oft aufblasbaren Stand-Up-Paddel-Boards im dortigen Strandbad verboten. Immer mehr Badegäste hatten sich beschwert, dass ihnen rücksichtslose Stehpaddler in die Quere kamen. Und nicht nur im Wasser, sogar auf der Liegewiese wurde es eng: Die Gäste mussten mit den herumliegenden Brettern um Schattenplätze konkurrieren, erzählt Biehler.

Ebenfalls verboten ist das Stehpaddeln unter der Badesaison auf vielen Seen im Landkreis Freising, darunter dem Pullinger See und dem Echinger Weiher. „Sie sind eine unglaubliche Gefahr für die Schwimmer“, sagt Robert Zellner von der Stadt Freising, die für den Unterhalt der Seen zuständig ist. Trotzdem sieht man die Stehpaddler immer zahlreicher auf den Seen – das Bußgeld, das ihnen droht, wird offenbar nicht durchgesetzt.

Jene Strandbäder, in denen die Paddler mit Luftmatratzen-Kapitänen, Schwimmflügel-Trägern und ganz normalen Schwimmern friedlich koexistieren, gibt es auch noch – und sie scheinen in der Mehrzahl zu sein, wie Anrufe bei Badbetreibern rund um den Chiemsee, den Tegernsee und den Starnberger See ergibt. Auf letzterem gibt es aber ein anderes Problem, das Rettungskräften Sorgen macht: Immer wieder treffen sie bei Einsätzen mitten in der Nacht Stehpaddler an, die unbeleuchtet durch die Finsternis gleiten. „Hochgefährlich“, nennt das Walter Kohlenz, Vize-Chef der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) in Bayern, der selbst oft auf dem See unterwegs ist. „Ich bin erstaunt, dass noch keiner überfahren wurde.“ Dazu komme, dass manche Laien-Paddler, speziell Touristen, nicht einmal schwimmen könnten und bei einem Sturz ins Wasser auf fremde Hilfe hoffen müssten.

Matthias Baier, der unweit des Seehauser Strandbads, das die Bretter nun verbietet, seit fünf Jahren einen SUP-Verleih betreibt und Touren über den Staffelsee anbietet, bricht eine Lanze für das Stehpaddeln: Es sei ein Naturerlebnis für die ganze Familie, dessen Bandbreite vom Gelegenheits- bis zum Leistungssport reiche. Auch Menschen mit Einschränkungen wie Blinde oder Rollstuhlfahrer könnten begleitet mitmachen – „jeder, der schwimmen kann“.

Umso mehr ärgert er sich über jene, die anderen auf dem Wasser auf den Wecker gehen. „Vollkommen legitim“, nennt Baier das Verbot durch das Strandbad. Die meisten Paddler suchten ohnehin die Ruhe draußen auf dem See. Für seine Kunden gebe es, bevor sie aufs Wasser starten, eine Einweisung, wie sie sich zu verhalten hätten. Künftig will ihnen der SUP-Verleiher auch extra einschärfen, sich vom Strandbad fernzuhalten. Draußen auf dem Wasser sei sowieso Platz genug. „Der See ist nicht überfüllt“, sagt Baier. Und dass man nicht ruderschwingend zwischen Badenden hindurchfahre, sei eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Er plädiert für mehr gesunden Menschenverstand: „Es braucht halt ein bisserl Hirnschmalz.“  ja, fal, ans

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